■ Querspalte: Lego für Große
Die Bauwirtschaft ist unter Druck. Ausländische Billigkonkurrenz macht sich auf deutschen Rohbauten breit. Schon 100.000 deutsche Bauarbeiter verloren ihren Job. Wohin mit ihnen?
Zurück auf die Baustellen, sagt die deutsche Politik. Zum Teufel mit freiem Warenverkehr und Menschenmarkt. Ein Entsendegesetz soll die portugiesischen Niedriglöhne etwas lupfen.
Doch das ist eine unmoderne Lösung. Protektionismus ist out im Zeitalter des freien Welthandels und der Gerlitz Steinbaukästen. 149 Bausteine, 2 Dachplatten, 75 Gramm Mörtel mit Holzspatel, Kirche, Garage und Bauanleitung. 73,40 Mark kostet der Bausatz A. Lego für Erwachsene. Das ist die moderne Lösung für arbeitslose deutsche Bauarbeiter.
Nicht länger zu Hause auf dem Sofa sitzen, nicht mehr in der Trinkhalle frieren. Die echten gebrannten Tonziegel aus dem Gerlitz Steinbaukasten machen arbeitslose deutsche Bauarbeiter wieder glücklich. Im Ergängzungskasten E3 gibt es für jeden auch eine schöne Zusammenstellung unterschiedlicher Säulen und Rundbögen.
Endlich verschandeln deutsche Bauarbeiter nicht mehr die heimische Landschaft, sondern das häusliche Bastelzimmer. Und wenn alle 149 Steine vermörtelt sind, stellt man das Bauwerk einfach ins Waschbecken, und alles kann wieder von vorne losgehen. Ist das nicht ökologisch?
Natürlich wird dennoch weiter richtig gebaut und die Landschaft verschandelt. Aber das machen dann die portugiesischen Bauarbeiter, und das ist dann ein echter Beitrag zur Nord-Süd-Zusammenarbeit. Ist doch besser, als immer nur Strukturfondsgelder nach Portugal zu pumpen. Vielleicht bleibt ja auch der eine oder andere Maurergeselle hier und eröffnet ein portugiesisches Restaurant. Gibt es eh viel zu wenige. Portugiesischer Fisch, portugiesischer Rotwein – das sind doch Perspektiven.
Und die deutsche Wettbewerbsfähigkeit? Kein Problem. Wir exportieren künftig Gerlitz Steinbaukästen. Made in 63781 Obernburg. Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
