Japaner fliegen bald MiGs

■ Verteidigungsminister Rußlands und Japans unterzeichnen Militärabkommen

Tokio (taz) – Wenn Rußlands asiatische Kriegsmarine Ende Juli in Wladiwostock ihr 300jähriges Bestehen feiert, sollen am Horizont japanische Sonnenbanner aufkreuzen. Erstmals in der Geschichte werden dann japanische Kriegsschiffe friedlich in einen russischen Hafen einlaufen. So will es ein neues Abkommen über die militärische Zusammenarbeit zwischen Japan und Rußland, das Verteidigungsbeamte am Dienstag in Tokio vorstellten.

Vorausgegangen war in Moskau das erste Treffen der Verteidigungsminister beider Länder seit dem russisch-japanischen Krieg im Jahr 1905. Damals wurde die Kriegsmarine des Zaren verheerend geschlagen. Heute strebt Tokio mit Moskau eine militärische Zusammenarbeit an, die weiterreicht als bestehende Vereinbarungen mit Südkorea oder China.

Usui und sein russischer Amtskollege Pawel Gratschow vereinbahrten, daß Tokio und Moskau sich vor größeren Militärmanövern in Zukunft konsultieren. Kriegsschiffe beider Armeen können demnächst die Häfen des anderen Landes anlaufen. Vorgesehen sind außerdem gemeinsame Übungen im Funk- und Radarverkehr. Nach Aussagen von japanischen Verteidigungsbeamten ist Tokio dabei auch an Waffengeschäften interessiert. „Russische Militärflugzeuge sind anders gebaut und teilweise weiterentwickelt als amerikanische“, sagte ein hoher Beamter in Tokio. In Moskau bestieg Usui das Cockpit einer russischen Su-27.

Vor allem Tokio stemmte sich bisher gegen jede Aufwertung der Beziehungen. Moskau hält bis heute an den vier von Stalin eroberten Kurileninseln fest. Daran scheiterten bisher alle Annäherungsversuche. Auch eine sogenannte „Tokioter Erklärung“, die der russiche Präsident Boris Jelzin während eines Japanbesuchs 1993 unterzeichnete, sah nur vor, den Inselstreit „nach Recht und Gesetz“ zu lösen. Praktisch blieb diese Formel bedeutungslos.

Um so überraschender kommt nun die Tokioter Wende: Usuis Besuch wurde nur Tage vorher von Premierminister Ryutaro Hashimoto in Moskau verabredet. Der reagierte damit auf die wachsende Sorge Japans gegenüber China nach Pekings militärischen Vorgehen gegen Taiwan, ebenso wie auf die Annäherung zwischen China und Rußland nach dem erfolgreichen Besuch von Boris Jelzin in Peking. Hashimoto will also mit seiner Rußlandinitiative die Balance der Großmächte rund um das japanische Meer wahren: Solange Peking mit Moskau nicht redete, tat das auch Tokio nicht. Umgekehrt gilt: Wenn Peking mit Moskau redet, kann Tokio das auch. Georg Blume