Vulkan versenkt, Arbeiter in die Boote

Konkursverfahren für den Bremer Vulkan-Verbund eröffnet – Beschäftigte erhalten Kurzarbeitergeld und dürfen als Leiharbeiter an ihre alten Arbeitsplätze zurückkehren  ■ Aus Bremen Joachim Fahrun

Punkt Mitternacht teilte gestern die Justizpressestelle des Landes Bremen mit, das Anschlußkonkursverfahren für den Vulkan- Verbund sei eröffnet. Überrascht war niemand, auch Vergleichsverwalter Jobst Wellensieck ließ schon länger keinen Zweifel daran aufkommen, daß eine Einigung mit den Gläubigern kaum noch möglich sei. Wellensieck, seit gestern Konkursverwalter, strebt trotzdem eine „neue Verbundlösung in Bremen und Bremerhaven“ an, wie er vor der Presse sagte. Vor allem für die Vulkan- Tochter STN Atlas Elektronik gebe es namhafte Interessenten.

Doch auch die Docks der Vulkanwerften sind nicht endgültig trockengelegt. Der Rettungsanker für fast 4.000 Werftarbeiter heißt „Mypegasus“: Die Beschäftigungsgesellschaft soll ihnen für ein Jahr Lohn und Brot und dem Schiffbau an der Unterweser das Überleben sichern. Einmalig soll Mypegasus die Arbeiter an die Werften verleihen dürfen, um zwei Containerschiffe und den Rohbau des Kreuzfahrtschiffs „Costa 2“ fertigzustellen.

Wahrscheinlich werden die meisten der 3.800 Beschäftigten der Bremer Vulkan-Werft und der Bremerhavener Schichau-Seebeck-Werft das Angebot annehmen. Nur die 660 Arbeiter der Lloyd-Reparatur-Werft (Bremerhaven), für die ein Vergleich möglich ist, wollen nicht mitmachen.

Wenn heute morgen also 1.000 der früher mehr als 2.000 Beschäftigten der Vulkan-Werft in Bremen-Vegesack in Docks, Werkhallen und Büros zurückkehren, tun sie das als Angestellte einer konzerninternen Verleihgesellschaft. Für sie gilt dann eine 30-Stunden- Woche ohne Lohnausgleich, der Bremer Senat übernimmt mit 10 Millionen Mark einen Teil der sogenannten Remanenzkosten (Krankengeld, Urlaubsgeld), die sich auf 28,3 Millionen Mark summieren dürften. Diese Summe hat Bremen vorsorglich verbürgt. Den Arbeitern ist aber klar, was auch der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel betont: Wenn nicht schnell auf den Werften investiert und die Kosten um bis zu 30 Prozent heruntergefahren werden, sei die Beschäftigungsgesellschaft nur ein Vorhof zur Arbeitslosigkeit. Daß alle weiterhin auf den Werften tätig sein könnten, sei ohnehin illusorisch. Betriebsräte und Arbeitnehmeranwälte haben die Werftarbeiter bei Betriebsversammlungen beschworen, die Auffanglösung mitzutragen. Den Schiffbauern bleibt keine Wahl: Mit einem Kloß im Hals unterschrieben die ersten Arbeiter der Stammwerft des Vulkan am Dienstag sogenannte „Dreiseitige Verträge“, ihre Kollegen von Schichau-Seebeck werden wohl am Freitag nachziehen: Sie verzichten auf alle Ansprüche. In der Beschäftigungsgesellschaft erhalten sie ein Jahr lang 60 Prozent ihres letzten Nettolohns als „strukturelles Kurzarbeitergeld“. Im „worst case“, wenn kein Überlebenskonzept für die Unterweser-Werften zustande käme, würden die Schiffbauer immerhin erst ein Jahr später arbeitslos und hätten sofort die Möglichkeit, sich über Mypegasus weiterzuqualifizieren, erklärte Arbeitnehmeranwalt und Mypegasus-Gesellschafter Jörg Stein, der als einer der geistigen Väter des „Bremer Modells“ gilt.

80 Millionen Mark hat die Bundesanstalt für Arbeit für die Vulkan-Auffanglösung zur Verfügung gestellt. Die sind für das Kurzarbeitergeld verplant, außerdem sollen davon die Qualifizierungskontingente der Arbeitsämter in Bremen und Bremerhaven aufgestockt werden. Die Vulkanier sitzen in der Solidaritätsfalle: Wer nicht unterschreibt, hat zwar theoretisch Anrecht auf eine Abfindung. Doch dem Konkursverfahren fehle die Masse, um diese Ansprüche zu befriedigen. „Ihre Verträge mit dem Vulkan sind nicht mehr wert als die Vulkan-Aktie“, warnt Stein.

Für das Management ist nun besonders der Einsatz der „Leiharbeiter“ eine schwierige Aufgabe: Wer einmal ausgeliehen und dann wieder an Mypegasus zurückgegeben wurde, steht nicht mehr zur Verfügung, selbst wenn plötzlich ein neuer Großauftrag eingehen sollte.

Eine „atmende Lösung“, in der Arbeiter tageweise zwischen Beschäftigungsgesellschaft und Werft wechseln, hatte die Bundesanstalt für Arbeit abgelehnt.