Volksabstimmung

■ 4,4 Millionen haben die Qual

Der Optimismus der Fusionsbefürworter hält sich in Grenzen. Glaubt man letzten Umfragen, wäre nur in Westberlin eine Mehrheit für das neue Land sicher. Denn bei der Volksabstimmung reicht die einfache Mehrheit allein nicht aus. Zusätzlich müssen 25 Prozent aller Wahlberechtigten in jedem Land mit Ja gestimmt haben. Das sind zusammen 1,1 Millionen Stimmen. Wer also dem Urnengang fernbleibt, hat automatisch mit Nein votiert.

Zu den klaren Gegnern der Fusion gehört in beiden Ländern die PDS. Tief gespalten sind die Bündnisgrünen: In Brandenburg wird die Fusion rundweg abgelehnt, in Berlin konnte sich der Landesverband zu keinem klaren Kurs durchringen. Doch auch CDU und SPD sind nicht besser dran. Während Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen und sein CDU-Landesverband für 1999 plädieren, kündigte der mächtige CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky in dieser Woche an, für 2002 zu stimmen. Während aus der Brandenburger SPD in der Vergangenheit vereinzelte Anti-Fusions-Stimmen zu hören waren, hielt die Partei in Berlin strikt am Fusionskurs 1999 fest – eine Ausnahme für die ansonsten oftmals zerstrittenen GenossInnen.

Sollte das neue Land zustande kommen, wäre es mit rund sechs Millionen Einwohnern das fünftgrößte in der Republik. Potsdam wäre dann Parlaments- und Regierungssitz sowie Hauptstadt zugleich, Berlin kreisfreie Stadt mit einem direkt vom Volk gewählten Oberbürgermeister an der Spitze.

Die von den Gegnern geschürten Ängste der Brandenburger vor den Berliner Schulden (pro Kopf derzeit 16.800 Mark in Berlin und 9.400 in Brandenburg) sind unbegründet. Zumindest laut Staatsvertrag. Zum Fusionstag wird das neue Land von jedem Berliner pro Kopf nur soviel Schulden übernehmen, wie bis dahin die Brandenburger pro Kopf angehäuft haben. Der Rest, und damit die Masse, verbliebe bei Berlin. Severin Weiland