Neue Kämpfe vereiteln US-Vermittlung in Liberia

■ Belagerte Johnson-Miliz in der Hauptstadt Monrovia greift Präsidentenpalast an, die afrikanische Ecomog-Truppe hält sich zurück. US-Vermittler sagt Gespräche ab

Monrovia (rtr/AFP/taz) – Die seit knapp zwei Wochen in Liberias Hauptstadt Monrovia herrschende Waffenruhe ist zusammengebrochen. Seit Montag wird wieder heftig gekämpft; die westafrikanische Eingreiftruppe „Ecomog“, die eigentlich die Waffenruhe durchsetzen sollte, greift nur minimal ein. Zum ersten Mal eröffneten auch die US-Soldaten, die das US-Botschaftsgelände schützen, das Feuer und erschossen drei Liberianer, die die Botschaft angeblich angreifen wollten.

Die neuen Kämpfe brachen aus, als am Montag zum ersten Mal seit Ausbruch der jüngsten Krise der Staatsrat tagen wollte. Dem Rat, der 1995 als Übergangsregierung Liberias gebildet wurde, gehören die Führer der wichtigsten bewaffneten Gruppen sowie einige Zivilisten an; der Beschluß des Rates, den aus der Regierung ausgeschlossenen Krahn-Milizenführer Roosevelt Johnson zu verhaften, hatte Anfang April zu blutigen Kämpfen und Plünderungen in Monrovia geführt. Zum Ratstreffen im Präsidentenpalast erschien Charles Taylor, Führer der größten bewaffneten Gruppe „Nationalpatriotische Front Liberias“ (NPFL) und starker Mann der Übergangsregierung, mit einer größeren Anzahl bewaffneter Anhänger. Die Johnson-treuen Milizen, die seit fast vier Wochen in der Barclay-Kaserne in Monrovia verschanzt sind, betrachteten dies als Provokation, brachen aus ihrer Kaserne aus und marschierten auf den Präsidentenpalast zu. Daraufhin eröffneten Taylors Truppen das Feuer. Wegen der Kämpfe mußten Taylor und Staatsratspräsident Wilton Sankawulo aus dem Präsidentenpalast fliehen.

Daß Johnsons belagerte Milizionäre überhaupt zum Angriff übergehen konnten, liegt Beobachtern zufolge daran, daß die eigentlich mit der Abriegelung der Barclay-Kaserne betrauten Soldaten der westafrikanischen Eingreiftruppe „Ecomog“ sich zuvor von ihren Stellungen zurückgezogen hatten. Erst als der Präsidentenpalast bedroht war, übernahm die nigerianisch geführte Truppe die Kontrolle rings um das Gebäude. Ein Grund für die Zurückhaltung ist nicht ersichtlich. Angesichts der Kämpfe sagte jedoch US-Unterstaatssekretär George Moose, der zu Vermittlungsversuchen nach Monrovia entsandt worden war, seine Gespräche ab. Moose wollte die verfeindeten Führer dazu bewegen, sich am 8. Mai in Ghanas Hauptstadt Accra zu einer neuen internationalen Liberia-Konferenz einzufinden.

Jetzt scheint die Übergangsregierung dazu entschlossen, Johnsons Anhänger militärisch zu besiegen. Taylor forderte gestern Johnson auf, sich zu ergeben, und sagte, man werde dafür sorgen, daß die Krahn-Milizen „keinen weiteren Ärger machen“. Gestern waren die Krahn-Milizen im Rückzug begriffen. D.J.