■ betr.: „Bonner Nachschlag trifft Arbeitslose“, taz vom 26. 4. 96

[...] Was durch die Sparbeschlüsse der Bundesregierung im Sozialbereich, die auf den massiven Druck der Arbeitgeber hin zustande gekommen sind, passiert, ist beschämend für einen Staat, der sich stets der Tatsache rühmt, in der Produktivität an der Weltspitze zu stehen.

Da werden ausgerechnet jene, durch deren Schaffen der Reichtum, welcher immer ungleicher verteilt wird, überhaupt erst entstanden ist, die Arbeitnehmer nämlich, auch noch dafür bestraft, daß sie durch diejenige Arbeitszeit, die sie über den notwendigen Bedarf hinaus zu arbeiten gezwungen werden, den ökonomisch Mächtigen und Herrschenden ihren weit überzogenen Reichtum verschaffen. Eine derart drastische und unverschämte Beschneidung sozialer Leistungen für die Arbeitnehmer bei gleichzeitiger Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und Erleichterung der Vermögensteuer im Sinne der Arbeitgeber ist nicht nur das völlig falsche Rezept zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit, sondern zeigt in erschreckender Weise, wie sehr die Bundesregierung im Sinne der Interessen der Kapitalistenklasse instrumentalisiert worden ist. [...]

Nun liegt die Veranwortung für die Interessen der Arbeitnehmerklasse in der Hand der Gewerkschaften. Sie dürfen sich nicht länger von denjenigen, welche in heuchlerischer Manier Kooperationsbereitschaft vorgaukelten, in Wahrheit jedoch nicht im geringsten daran dachten, auch nur ein Zugeständnis zu machen, an der Nase herumführen lassen. Nötig ist ein klarer kompromißloser Kurs für die Arbeitnehmer in den diesjährigen Tarifverhandlungen, um dem staatlich per Legislative positiv sanktionierten Klassenkampf von oben eine wirkungsvolle Gegenmacht durch die Tarifautonomie – das heißt für die Gewerkschaften notfalls Streik – entgegenzusetzen [...] Arnd Queck, Würselen