: Der Bespitzelung folgt die Vorladung der Freunde
■ Den früheren Weggefährten des V-Mannes Klaus Steinmetz droht Beugehaft
Berlin (taz) – Der Bespitzelung folgt die Vorladung: Ehemalige Weggefährten des enttarnten Mitarbeiters des Verfassungsschutzes Klaus Steinmetz sollen jetzt im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen des Anschlages der Rote Armee Fraktion (RAF) auf den Gefängnisneubau im hessischen Weiterstadt als Zeugen aussagen. Von der Karlsruher Bundesanwaltschaft wird Steinmetz mittlerweile verdächtigt, selbst an dem Sprengstoffanschlag im März 1993 beteiligt gewesen zu sein. Gegen den früheren V-Mann der rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzbehörde hat die oberste Anklagebehörde deshalb einen Haftbefehl erwirkt. Da Steinmetz aber nach seiner Enttarnung eine neue Identität erhielt, ist er für die Bundesanwaltschaft nicht erreichbar.
Bereits im Februar wurden 22 Wiesbadener Bekannte von Steinmetz als Zeugen ins Bundeskriminalamt geladen. Keiner sei erschienen, erklärten die Vorgeladenen gestern in einer Stellungnahme. Jetzt sei eine Vorladung durch die Bundesanwaltschaft zu erwarten. Bei einer Aussageverweigerung drohen ihnen bis zu sechs Monate Beugehaft. „Absurd“, kommentiert der frühere Freundeskreis: „Wurden wir erst über Jahre von Steinmetz bespitzelt, so werden wir heute als Zeugen vorgeladen und bei Aussageverweigerung mit Beugehaft bedroht, um angeblich Auskunft über Art und Umfang seiner Undercovertätigkeit zu geben.“ Dabei wisse niemand „besser Bescheid als seine Dienstbehörde“.
Im Zusammenhang mit Steinmetz und dem Weiterstadt-Anschlag ermittelt die Bundesanwaltschaft auch gegen die Mitglieder eines Wohnprojektes in Frankfurt am Main, in das eine frühere Freundin von Steinmetz eingezogen war. Die Ex-Freundin ist abgetaucht, vier Projektmitglieder sitzen wegen Aussageverweigerung in Beugehaft. Bei einer Hausdurchsuchung wurden zwei Motorradkoffer sichergestellt, die nach Analysen des BKA Sprengstoffspuren in hoher Konzentration aufwiesen. Zum Zeitpunkt des Anschlags in Weiterstadt seien die Koffer im Besitz von Steinmetz gewesen, sagen ehemalige Mitbewohner. Dieser bestreitet das. Wolfgang Gast
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