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Harmonie und Umweltpartnerschaft in Stuttgart

■ CDU und FDP in Baden-Württemberg einigen sich auf Koalitionsvertrag. Drei Frauen sitzen nun mit am Kabinettstisch. FDP erhält gleich zwei Ministerposten

Stuttgart (taz) – Die FDP hat sich durchgesetzt: Wie Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) und der neue Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) gestern bekanntgaben, besetzt die FDP in Baden-Württemberg in der neuen schwarz-gelben Koalition gleich zwei Ministerposten. Neue Justizministerin wird die 49jährige Juristin Gisela Frick. Die Reduzierung der Landesministerien von 12 auf 9 war eine weitere der wenigen Bedingungen, die Teufel dem kleinen Partner erfüllen mußte.

Ansonsten waren die dreiwöchigen Verhandlungen von Harmonie geprägt, und nur in der Frage der Privatisierung von Landesbeteiligungen stritt man ein wenig über das Wieviel. Versöhnung verspricht die Landesregierung in den kommenden fünf Jahren auch der Ökologie und Ökonomie. Von „Umweltpartnerschaft“ ist da die Rede und von der „Entwicklung regenerativer Energien“. Gleichzeitig will die Koalition aber am Fortbetrieb der Atomkraftwerke „entsprechend ihrer technischen Lebensdauer“ festhalten.

Fest wie ein Fels sitzt künftig der umstrittene Finanzminister Gerhard Mayer-Vorfelder wieder im neuen Kabinett. Sein Einfluß ist nach wie vor groß, und als solider Sparminister hat er sich im letzten Kabinett einen starken Rückhalt geschaffen.

So wie er gilt auch Thomas Schäuble (Wolfgangs Bruder) als dem rechten Parteilager zugehörig. Er leitete bisher das Justizministerium, als Innenminister wird er mehr von sich reden machen können. Zumindest in einem Punkt hat er auch schon die Unterstützung des neuen Partners. Döring kündigte an, das Ausländerrecht müsse geändert werden, um die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern zu beschleunigen.

Vielleicht nur im Autoland Baden-Württemberg zu verstehen ist ein anderer Schachzug Teufels: Dem Verkehrsministerium wird nunmehr auch noch das Umweltministerium zugeschlagen, so daß „der, der die Straßen baut, auch für die Verträglichkeit sorgen muß“.

Noch am überraschendsten ist die Benennung der 54jährigen weitgehend unbekannten Hausfrau Gerdl Stalblin zur neuen Landwirtschaftsministerin. Die Frau eines Weinbauern ist Vizepräsidentin des Deutschen Landfrauenverbandes und jetzt die dritte Frau am Kabinettstisch.

Ärger gibt's schon jetzt: Weil Gymnasiallehrer eine Stunde mehr in der Woche unterrichten sollen, ist für kommenden Dienstag die erste Demonstration gegen die Landesregierung angemeldet. Der eher brave Philologenverband hat dazu aufgerufen und im Demonstrieren unerfahrenen Kollegen geraten: „Bringen Sie Schilder mit!“ Philipp Maußhardt

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