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Wer sich fürchtet, wird abgeschoben

■ Innenminister demonstrieren Einigkeit: Der 1. Juli bleibt Termin für Rückführung bosnischer Flüchtlinge

Berlin (taz/dpa) – Bosnische Flüchtlinge müssen trotz der völlig unübersichtlichen Lage in ihrer Heimat damit rechnen, ab dem 1. Juli abgeschoben zu werden. Vor ihrer heutigen Konferenz erklärten gestern einige Innenminister parteiübergreifend, den vorgesehenen Zeitplan einhalten zu wollen. So formulierte Hartmuth Wrocklage, SPD-Innensenator aus Hamburg und Vorsitzender der Konferenz, bei „allem verständlichen humanitären Engagement“ wolle er an der gestaffelten Rückführung festhalten. Er drohte: „Sollten die bosnischen Bürger aus subjektiver Furcht aber nicht zurückkehren wollen, wäre eine Abschiebung im Rahmen eines sehr sorgfältigen, ständig zu überprüfenden Prozesses unvermeidlich.“

Günther Beckstein, CSU-Innenminister aus Bayern, pflichtete dem SPD-Kollegen bei; auch er werde an der bestehenden Rückkehrpflicht festhalten. Weil dieser Beschluß aber sehr umstritten ist, räumte er ein, daß die endgültige Entscheidung darüber „zeitnah“ zum 1.Juli fallen werde. Auch der nordrhein-westfälische SPD-Innenminister Franz-Josef Kniola will an dem Fahrplan festhalten – solange sich die Lage nicht „aufgrund neuer Informationen“ ändert.

Die Minister werden heute vermutlich beschließen, eine Delegation nach Bosnien zu entsenden, um sich ein Bild zu machen. Gegebenenfalls könnten die gewonnenen Erkenntnisse zu einer neuen Härtefallregelung führen, hieß es im niedersächsischen SPD-Innenministerium. Schätzungen besagen, daß etwa 400.000 Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien zur Zeit in Deutschland leben, 320.000 von ihnen kommen aus Bosnien-Herzegowina. Es fehlen präzise Daten über ihren Aufenthaltsstatus. Der größte Teil aber hat eine „Aufenthaltsduldung“, welche jeweils sechs Monate gilt.

Doch dürfte es den Innenministern schwerfallen, eine einheitliche Regelung zu finden. Ein großer Teil der bosnischen Flüchtlinge muslimischer oder kroatischer Herkunft stammt aus Gebieten, die den bosnischen Serben zugesprochen wurden. Nach dem Abkommen von Dayton haben sie das Recht, in ihre Heimatorte zurückzugehen. Nach Angaben der UNO behindern die bosnischen Serben jedoch weiterhin ihre Rückkehr. Ein UNO-Sprecher teilte gestern mit, die Regierung der bosnischen Serben weigere sich, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, die gewaltsame Auseinandersetzungen bei Besuchen muslimischer Flüchtlinge verhindern soll.

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), appellierte gestern an die Innenminister, vor allem die Situation vor Ort zu berücksichtigen. „Wir können die Leute nicht einfach zurückschicken.“ Gemeinsam mit etwa 100 Ausländerbeauftragten aus Ländern und Gemeinden verabschiedete sie in Dresden eine Resolution: Darin werden die Länderinnenminister aufgefordert, einen neuen Rückkehrtermin zu finden, der von der Entwicklung in Bosnien abhängig gemacht werden müsse. Rückführungen gegen den Willen der Betroffenen seien zur Zeit „aus ethischen und moralischen Gründen sowie wegen des Fehlens der materiellen Voraussetzungen“ nicht zu verantworten. Die Rückkehr der Flüchtlinge müsse freiwillig sowie „in Sicherheit und Würde“ vonstatten gehen, so die Ausländerbeauftragten.

Die gleiche Meinung vertritt auch Judith Kumin, die seit drei Jahren das UN- Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) in Bonn vertritt. „Bosnien ist nach wie vor ein ethnisch geteiltes Land“, sagte Kumin. Sie erinnerte an die Zusicherung von Bund und Ländern, die jeweiligen Schritte einer gestaffelten Rückkehr mit dem UNHCR abzusprechen. Annette Rogalla

Tagesthema Seite 3

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