Mit Rad und Tat

■ Fahrräder für Flüchtlingskinder: Erst reparieren und dann die Stadt entdecken Von Ulrike Winkelmann

Flüchtlingskinder beim Entdecken der Stadt zu begleiten, das wär's doch. Nikos Kachelos, Malte Köpke, Stefan Lau, Eberhardt Starke und Reinhard Reschka von der Fachschule für Sozialpädagogik haben sich für ihr vom Lehrplan verlangtes „Projekt“ Ambitioniertes ausgedacht: Mehr Mobilität für die Kinder auf den Flüchtlingsschiffen am Altonaer Elbufer. Zusammen mit einer Gruppe von sieben- bis dreizehnjährigen Kindern sollen alte Fahrräder „aufgewrackt“ und dann für Ausflüge in die Umgebung eingesetzt werden.

„Wir haben sofort an die Kinder auf den Schiffen in Neumühlen gedacht“, berichtet Eberhardt. Im Unterschied zu vielen Flüchtlings-Siedlungen in Hamburg erfahren die Menschen auf den „Floatels“ auf der Elbe keinerlei nachbarschaftliche Unterstützung; die Spielmöglichkeiten der Kinder sind auf die Schotterflächen vor den Schiffen begrenzt. „Die Isolation verstärkt noch“, so Eberhardt, „daß nicht alle Eltern ihre Kiddies zur Schule gehen lassen. Die haben dann noch nicht einmal Monatskarten und kommen überhaupt nicht aus Neumühlen weg.“

Nur mit Inspiration und gutem Willen kam die Gruppe jedoch nicht so weit, wie sie gehofft hatte: „Wir sind durch sämtliche Ämter und Behörden gezogen, um zu fragen, woher wir vielleicht Geld bekommen könnten“, erzählt Nikos, „aber sämtliche Etats, hieß es, seien ausgeschöpft.“ 1.300 Mark ergab die Aufrechnung der Kosten für Werkzeug, Ersatzteile und das Sommerfest zum Abschluß. Jemand verwies die fünf an den Verein „Nutzmüll“, und der überließ ihnen zwei Dutzend fahruntüchtige Räder für einen minimalen Preis.

Gleichzeitig nahmen die Fachschüler Kontakt zu den SozialarbeiterInnen auf dem Floatel „Bibby Kalmar“ auf. Auch die waren weniger enthusiasmiert als vermutet: „Die dachten wohl erst, das wäre eine Eintagsfliege.“ Außerdem wolle die Stadt sowieso nicht, daß jemand anderes als die Flüchtlinge selbst Zutritt zu den Schiffen erhält. „Kein Wunder“, meint Nikos, „da ist es bedrückend wie im Knast.“

Den Kontakt zu den Kindern zu finden, war nur noch halb so schwer. „Die vergangenen Wochen haben wir jeden Dienstag mit den Kids zwei Stunden Fußball gespielt“, so Nikos weiter. Schwierig sei es, mit dem Machotum der Jungen umzugehen: „Erst sagten die, daß sie mit den Mädchen nicht spielen wollten. Da haben wir sie einfach stehen lassen; irgendwann hatten wir sie alle beisammen.“

Am Montag (6. Mai) ist der große Tag: Die fünf holen rund zwei Dutzend Kinder vom Schiff ab und fahren mit ihnen zum Bauspielplatz „Spio“ in Ottensen, wo die „Nutzmüll“-Räder schon auf sie warten. Aufgeregt? „Klar“, meint Eberhardt, „aber optimistisch.“

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