Von wegen im Jenseits

■ Wilhelm Tacke (Katholik) zum 50. Geburtstag der Bremer Kirchenzeitung (evangelisch)

Sie ist umsonst. Und widerlegt trotzdem die Volksweisheit, daß, was nichts kostet, auch nichts wert ist. Denn „umsonst“ – im übertragenen Sinne – ist ihr Wirken durch- aus nicht. Dafür gibt es in Bremen einen prominenten Zeugen, den Innensenator Ralf H. Bortscheller. Der scheint das Blatt genau zu lesen, wie man vor einiger Zeit mit- bekam. Filterte er doch aus der Lektüre der Bremer Kirchenzei- tung den Vorwurf heraus, die Spitzen der Bremischen Evangelischen Kirche hätten eine Nähe zur PKK.

Wenn schon von „Nähe“ die Rede ist, muß dem Jubiläumskind erstlinig eine Nähe zur Frohen Botschaft Jesu Christi nachgesagt werden. Und in letzterer ist – der christdemokratische Innensenator mags bedauern oder nicht – davon die Rede, mit den Hungringen das Brot zu teilen, die Obdachlosen aufzunehmen, die Nackten zu be- kleiden, die Kranken zu besuchen und sich dem eigenen Nächsten nicht zu entziehen.

„Option für die Schwachen“, heißt das in modernem Kirchen-deutsch. Und das meint keineswegs himmlische Theorie, sondern ganz irdische Einmischung.

Mit der Stammtischparole, die Kirche solle sich aufs Jenseits beschränken, da sei sie Expertin, darf man den KollegInnen von der anderen Weserseite deshalb auch nicht kommen. Dann würden sie mit einigem Recht darauf verwei- sen, daß Hungrige nichts davon haben, wenn man mit ihnen das Brot im Jenseits teilen will.

Sie ist daher notwendigerweise politisch, die Bremer Kirchenzei- tung. Das heißt für sie beispielsweise: Engagement für Asylbewerber, die in Länder abgeschoben werden sollen, wo ihr Leben in Gefahr ist, das bedeutet Solidarität mit den von Arbeitslosigkeit bedrohten Vulkanesen, Einsatz für den Erhalt der Umwelt, Erinnern für die Zukunft oder Engagement für eine christlich-jüdische Verständigung und gegen jede Form von Antisemitismus.

Aber vielleicht darf man auch mal kritisch nachfragen. Ist es so falsch, wenn man festzustellen glaubte, daß die Kritik in Richtung Bonn – zumindest in der Zeit vor der großen Koalition in Bremen – den Kommentatoren von der evangelischen Kirchenzeitung bedeutend leichter aus der Feder floß, als die an den heimischen Filzokraten?

Egal, ob richtig oder falsch, vor allem sei den KollegInnen vom Neustädter Ufer vom katholischen Schreiber vom Altstädter Ufer aus herzlich Glück gewünscht.

Man kennt sich nämlich. Man ißt regelmäßig gemeinsam. Schnackt miteinander. Pflaumt sich an und lacht anschließend übereinander. Das Gegeneinander ist längst Geschichte, weiß man doch, daß man in einem Boot sitzt, gegen das die Wogen der Säkularisation manchmal ganz schön anbranden.

Viel Erfolg, Ihr Kirchenmäuse!

Eure katholische Kirchenmaus,

Willi (Tacke)

(Öffentlichkeitsreferent der katholischen Kirche Bremen)