Nur Sauer macht lustig

■ Hinter- und Abgründiges über Werder, live aus dem Ostseestadion: Rostock – Bremen 2:1/ Alles über Trainer Dörners finstere Miene und warum er sich nicht für jeden Scheiß zuständig fühlt

Geboren am 11. Juni 1964 und damit nur noch einen Monat von seinem 32. Geburtstag entfernt. Vor Jahren auf dem Sprung in die Nationalmannschaft, von Beckenbauer gelobt, von Rehhagel und dessen Nachfolgern dann nach Verletzung vergessen. Seit 1979 bei Werder Bremen und davor nur beim SV Cuxhaven tätig. Gunnar Sauer, der Ex-Libero, der in der kommenden Saison für Werder noch wichtiger werden könnte, als man dort im Trainingszentrum glaubt. Dieser Gunnar Sauer – in der nächsten Saison nur noch im Kader, weil er seinen Vertrag gemäß §11 selbst verlängerte – war am Samstag im Rostocker Ostseestadion der einzige Stürmer, der den Namen verdiente.

Für Bode (warum nicht für Hobsch oder Bestschastnich?) in der 71. Minute eingewechselt, erzielte Sauer nach sieben Minuten per Kopfball den Anschlußtreffer. Warum? Weil er dort stand, wo ein Stürmer nach feiner Basler-Flanke zu stehen hat: am zweiten Pfosten in Höhe des Fünfmeterraums. Minuten später fast die identische Situation: feine Basler-Flanke, Kopfball Sauer. Rostock-Torwart Bräutigam kann jedoch parieren. Warum stand dort nicht Bernd Hobsch? Warum stand dort nicht Wladimir Bestschastnich? Zur Erklärung greifen wir auf den taz-Spielbericht vom dritten Spieltag dieser Saison zurück, als Werder mit Mühe gegen Karlsruhe gewann: „Mit diesem Werder-Angriff kann man sehr gut in die Bundesliga aufsteigen, aber wohl kaum um die Meisterschaft mitspielen.“

Was haben die Werder-Fans gesehen, wenn sie denn den mühsamen Weg nach Rostock auf sich genommen haben? Mit rosa Vereinsbrille: ein Team, das den Gegner bis auf fünf verschlafene Minuten im Griff hatte. Da fielen die beiden Gegentore und bei der Aufholjagd, da hatte Werder Pech.

Ohne rosa Vereinsbrille: eine Partie auf schwachem Niveau, wobei Rostock die bessere Spielanlage besaß, über zwei echte Stürmer verfügte (Akpoborie, Baumgart) und sich am Ende von im Grunde harmlosen Bremern unnötig in Verlegenheit bringen ließ.

Werders Aussichten für die drei restlichen Spiele: Spielt man wie in Rostock, dann gibt es drei glatte Niederlagen. Die erste gegen Bayern – denn die wollen wirklich noch Meister werden; die zweite in Köln – die wollen wirklich nicht absteigen; und die dritte gegen Schalke – die wollen wirklich in den UEFA-Cup. Hingegen Werders Plazierungschancen:38 Punkte nach 34 Spielen – das reicht für Platz 15.

Ein versöhnlicher Saisonabschluß droht nur, wenn Köln und Schalke die Punkte zum Erreichen ihrer Ziele nicht mehr nötig haben. Ein versöhnlicher Saisonabschluß mit über 40 Punkten würde aber dazu verleiten, über die vorhandenen Schwachpunkte wieder einmal gnädig hinwegzusehen.

Werder braucht eine Rundumerneuerung. Denn der immer noch sehr solide Votava wird auch in der nächsten Saison nicht jünger. Basler wird möglicherweise keinen anderen Verein finden und weiterschmollen. Wolter, Wiedener, Scholz und Schulz werden ihre Fähigkeiten wohl nicht weiter ausbauen. Hobsch und Bestschastnich werden wahrscheinlich nicht in die zweite Liga wechseln. Und Bode, Eilts, Cardoso, Todt, Baiano, Ramzy und Reck sind zum Auflaufen einer zuwenig, denn mit wenigstens acht Spielern muß nach den DFB-Regeln angefangen werden.

Drei Exklusivitäten. Nur zu lesen in der taz.

1.) Sauer war das erste, was die Berichterstatter in Rostock von Werder zu sehen bekamen. Denn Trainer Dixie Dörner stieg vor dem Spiel mit einem Gesichtsausdruck in den Mannschaftsbus, als habe ihm Basler gerade versprochen: Dixie, ich beweg' mich erst richtig ab der 70. Minute (woran sich Basler dann auch hielt). Vielleicht aber auch, weil man Dixie berichtet hatte, daß die zusätzlich aufgestellten Toilettenhäuschen im Stadion seinen Namen trugen (Dixi). Worauf Dixie verärgert reagierte: Ich bin für Werder, aber nicht für jeden Scheiß zuständig.

2.) So urteilte Kronzeuge Schiedsrichter Pohlmann aus Felde, der nicht nur diese Partie ordentlich leitete, sondern nach zehn Erstligaspielen dieser Saison über das Niveau der Eliteklasse sagt: „Einfach erbärmlich!“ International tauglich seien zur Zeit nur die Teams aus Dortmund und Bayern.

3.) Werder sollte deshalb nicht neidisch nach Rostock schauen, weil die im UEFA-Cup mitspielen dürfen. Denn übersteht Rostock die erste Runde, dann wäre das schon ein Wunder. Dieter Mützelburg & Otmar Willi Weber