Geh' fort!

■ Im „Pier 2“ outete Gerd Dudenhöffer, Saarlands Vorzeige-Dummschwätzer, geheime Maso-Tendenzen im Bremer Publikum

Über das Saarland geht die Rede, daß, wer einmal reingeschmeckt hat, nie mehr weg will. Und die Saarländer selbst wollen natürlich auch in ihrem saarländischen „Gärtsche“ in Deutsch-Südwest bleiben, wo die Eigenheimdichte mühelos die des Ländle abhängt und der Geruch von Schweinenackensteaks auf dem „Schwenker“ durch die abgefummelten Bergarbeitersiedlungen zieht. Auch durch Bexbach. Wo der Gerd Dudenhöffer herkommt, in den 80er Jahren seinen Heinz Becker erfand und seitdem unermüdlich verfeinert. Auf daß der Heinz Becker, ein Dummschwätzer vor dem Herrn, das saarländische Gemüt in aller Welt bekannt mache.

Natürlich kannten die meisten der 3000 Gäste im ausverkauften „Pier 2“ die „Familie Heinz Becker“ schon aus dem TV. „50.000 Toaster“ flüsterte ein Becker-Fan in vorwegnehmender Gag-Freude seiner Begleitung zu, und prompt tönte der Heinz von der Bühne: „Wenn mir dem Iraker 50.000 Toaster liefern tun, was können wir denn dafür, wenn der so lange an denen rumschraubt, bis die schießen können?“

Allerhand, wie Dudenhöffer mit sparsamen Accessoires – ausgebeulter Anzug, Schlägermütze, portables Klapp-Sitzkissen in der Hand – die Leute über zwei Stunden bei Laune hält. Sich kaum bewegt, lange Denkpausen einlegt, wo Heinz Beckers gesammelte Synapsen auf „Leerlauf“ geschaltet sind und er sich schwerfällig nickend oder mit wunderbar wegwerfender Handbewegung noch mal sein Weltbild bestätigt. Und das ist ja gerade das Schöne beim Heinz: die Welt, der Kosmos gar, funktioniert im Großen genauso wie im Kleinen. Bloß im Kleinen kommt es erst so richtig raus, das brisante saarländische Gemisch. Plastischer Sprengstoff, stets frisch geknetet aus Hinterfotzigkeit und dummdreister Besserwisserei, zu zünden bei allen Gelegenheiten. „Es würd' gehen, aber sie würden's nicht machen“, nämlich Gen-Technologie am Zweibeiner ausprobieren, resümiert leicht skeptisch Becker den Forschungsstand. Obwohl, beim Rech Clemens „könnt man schon mal ein paar Schrauben austauschen“. Der Rech ist der Kollege Pechvogel aus Beckers Betrieb. Deswegen kriegt er auch immer wieder eins auf's Dach, weil „wenn's Schnaps gibt, trinkt der nie mit“. Da fanden die Kollegen, Rache muß sein: Wer nicht mittrinkt, zahlt die nächste Runde. Die Maso-Tendenz im Publikum war nicht zu überhören: Wer dem Heinz Becker noch Stichworte lieferte, ließ sich gerne beschimpfen: „Das nächste Mal sagen Sie das früher!“

Und dann kommt Becker zum Eingemachten, übergeht seltsamerweise des Saarlands beliebtesten Baustoff Eternit und fängt – „Soll isch Ihne' mol was saan“ – mit Kunststoff-Fenstern an. Die alten Holzfenster „sinn noch gutt“, aber Kunststoff „hat ma' jetzt vill“, und da will der Becker Heinz natürlich nicht nachstehen.

Das Leben ist ein langer ruhiger Dummschwätz-Fluß. Und über dem Leben zieht eine lebensgroße Heinz Becker-Puppe mit blinkenden Positionsleuchten – schönes Schlußbild des Abends – end- und schwerelos ihre Kreise. So muß es immer sein, sonst wär' es nicht Heinz Becker. Alexander Musik