Sparwut bei den Ländern ungebrochen

■ Stoiber: Zwei Nullrunden im öffentlichen Dienst sind kein Tabu. Ausgleich für Steuersenkungen gefordert. Biedenkopf und Schröder wollen mehr Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand

Bonn (taz/dpa) — Die Steuerpläne der Bundesregierung rufen nun auch die Länder auf den Plan. Am kommenden Wochenende wollen die Ministerpräsidenten aller Bundesländer sich auf die Suche nach einer gemeinsamen Linie begeben, um gegen finanzielle Nachteile durch die Steuerpläne der Bundesregierung anzugehen. Dabei, so erläuterte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) in der Welt am Sonntag gehe es darum, die Finanzkraft und damit auch die Eigenständigkeit der Bundesländer zu sichern. Die Länder verlören durch die geplante Neuregelung bei der Kraftfahrzeugsteuer und die anvisierte Abschaffung von Vermögens- und Gewerbekapitalsteuer Finanzquellen, müßten aber ihre Aufgaben, etwa in den Bereichen Polizei, Schule und Justiz, weiter erfüllen.

Auf ihrer Sonderkonferenz in Krickenbeck bei Neuss am kommenden Wochenende wollen die Länderchefs zugleich versuchen, „gleichgelagerte Einsparungen“ in ihren Haushalten abzustimmen. Insbesondere der Anstieg der Personalkosten müsse begrenzt werden. Übereinstimmung gibt es nach den Worten Stoibers zwischen den Ländern, daß Nullrunden im öffentlichen Dienst „kein Tabu sein dürfen“. Er verwies darauf, daß die Personalkosten in allen Länderetats mindestens 40 Prozent ausmachten. Um zu sparen, seien für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes daher zwei Nullrunden unverzichtbar.

Über das umstrittene Bonner 50-Milliarden-Sparpaket wollen die Länder mit dem Bund zunächst nicht beraten. Dies sei erst wieder sinnvoll, wenn es im Gesetzgebungsverfahren um Kompromisse gehe, sagte Stoiber.

Bei ihrem Vorbereitungstreffen hatten die Länderchefs am Donnerstag drei Arbeitsgruppen zur Sicherung von Beschäftigung, Staatshaushalten und Sozialkassen eingesetzt. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, plädierten die Ministerpräsidenten von Sachsen und Niedersachsen, Kurt Biedenkopf (CDU) und Gerhard Schröder (SPD), gemeinsam dafür, die Sozialversicherung auf eine neue finanzielle Basis zu stellen. Die Erwerbsarbeit allein könne auf Dauer weder einziger noch wesentlicher Kostenträger der sozialen Sicherungssysteme sein. Arbeitnehmer müßten stärker als bisher zur Eigenvorsorge befähigt werden. Ausdrücklich erwähnten beide die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen und damit an den Gewinnen der Unternehmen.

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sollten nach Ansicht der beiden Ministerpräsidenten marktorientierter gestaltet werden. Bei der Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen müsse der Staat eine Vorreiterrolle spielen. Er solle verstärkt auf Teilzeit-Beamte setzen, besonders bei den Lehrern. Die Ministerpräsidenten hielten es für unrealistisch, daß die Zahl der Arbeitsplätze auch in den übrigen Industrienationen auf absehbare Zeit gesteigert werden könne.

Auch der künftige Präsident der Arbeitgebervereinigung Gesamtmetall, Werner Stumpfe, bezweifelte, daß das Sparprogramm der Bonner Koalition für neue Arbeitsplätze sorgen wird. Ein „Job- Wunder“ sei nicht zu erwarten. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, bleibt optimistisch. Im Focus frohlockt er, allein die Lockerung des Kündigungsschutzes könne bis zu einer halben Millionen neuer Arbeitsplätze bringen. flo