Der Charme des Ruhrpotts

■ Ab heute geht es wieder "Auf Achse". Diesmal mit knackig modernisierten Prolos und ganz ohne Manfred "Trucker" Krug. 13 neue Folgen, dienstags, 18.54 Uhr, ARD

Manfred Krug hat mit dieser Serie seinen westdeutschen Ruhm begründet. Der einstige Starmime des DDR-Films spielte schon in dieser Truckerserie das, was er später auch standardisieren sollte: sich selbst und seine Allüren, also eine Rolle zwischen patriarchalem Größenwahn und machomäßiger Weinerlichkeit. Das hat damals nicht jedem gefallen, was nicht allein an den mauen Geschichten lag, sondern vor allem an der Kapriziosität Krugs, der am Ende der Serie meist nur noch One-man- Shows gab.

Jedenfalls zählte „Auf Achse“ bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zu den Assen im Kampf um Zuschaueranteile. Nun hat die ARD das Stück Gold neu legiert – Krug hatte keine Lust mehr. Statt dessen spielen die Geschichten nun nicht mehr im Orient und auf dem Balkan, sondern im Ruhrgebiet. Das hat womöglich auch die Kosten der Produktion gesenkt; sicher ist allerdings, daß unter dem Motto „Das Revier ist ihre Heimat“ eine Vorabendserie zu bestaunen ist, die wohl in den nächsten Wochen soviel Beliebtheit gewinnen wird wie zuvor die ersten 73 Folgen unter dem Leitwolf Krug.

Das gesamte Personal wurde ausgetauscht. Die Rollen sind durchweg mit Akteuren besetzt, die irgendwo schon mal gespielt haben, es aber bislang nicht zu sonderlicher Prominenz gebracht haben. Und das tut den Stories gut, die nun nicht mehr hinter der Präsenz Krugs verschwinden.

Die Konstruktion: Julia, gespielt von Nele Mueller-Stöfen („Girl Friends“), ist die Tochter des eben verstorbenen Fuhrunternehmers. Einen bankrotten Laden soll sie übernehmen. Erst Kaschinski, ein gemütlich-bulliger Ruhrpottkerl, der eigentlich zehn Prozent des Erbes kassieren wollte und dafür eigens aus Afrika zurückkommt, bringt sie darauf, weiterzumachen. Der Dritte im Bunde heißt Eddi und wurde just aus dem Bundeswehrdienst entlassen. Sein Truck ermöglicht der Spedition überhaupt die ersten Aufträge, denn der alte Fuhrpark wurde gepfändet.

Den Rest der Geschichten kann man sich nun gut vorausdenken. Natürlich wird das Trio es schaffen, zusammen und überhaupt, obwohl die beiden Männer sich als Schalke- und BVB-Fans nicht ausstehen können. Liebe wird mit im Spiel sein, Rivalität, Freundschaft und all die anderen Ingredienzen, mit denen man seit Schimanskis Zeiten vertraut ist, wenn es um Ruhrpottfolklore geht. Was die Serie allerdings von vielen unterscheidet, ist die fast behutsame Art der Verfilmung. Die Dialoge – feinfühlig; die Kamera – sie bringt es fertig, Augenweiden zu produzieren. „Auf Achse“ hat Charme, zumal die Darsteller nicht steril wirken. Irgendwie schwitzt zumindest die Anfangsfolge so etwas wie Echtheit aus.

Nicht zuletzt sind die beiden männlichen Hauptfiguren Armin Rohde und Markus Knüfken knackig anzusehen. Moderne Proleten, die mit ihrem Machogehabe eher spielerisch umgehen und die wissen, daß auf die harte Nummer kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Sie wirken gegen die Chefin ganz leicht und zerbrechlich fast – und sind beide auch nicht so martialisch-sentimental wie Krug & Co. Außen hart, innen zart: Das wird Frauen gefallen, Männern ebenfalls und uns sowieso. Jan Feddersen