■ Mit Malaysias Wirtschaft auf du und du: Zu wenig Arbeitskräfte
Kuala Lumpur (taz) – Die Wirtschaftsstatistiken zeichnen für Malaysia ein rosiges Bild: Seit Jahren liegt das Wachstum konstant bei über acht Prozent, in der industriellen Produktion gar bei 15 Prozent. Die Arbeitslosigkeit in dem 19-Millionen- Staat ist auf unter drei Prozent gesunken. Weil es nicht genug Bauarbeiter und Hausangestellte gibt, haben Politiker und Geschäftsleute jetzt sogar gefordert, auch illegalen EinwanderInnen, die meisten aus Indien, Bangladesh oder Pakistan, eine Arbeitserlaubnis zu erteilen – zumindest solange, bis sie abgeschoben werden. Die Arbeitskräfteknappheit hat dazu beigetragen, daß die Löhne trotz der harten Hand der Regierung gegen unabhängige Gewerkschaften gestiegen sind. Näherinnen verdienen monatlich um 300 Ringit (200 Mark).
Malaysias Industrieministerin Rafidah Aziz wird nicht müde, die Unternehmen des Landes aufzufordern, technologisch höher entwickelte Produkte herzustellen und mehr Gewicht auf Forschung und Entwicklung, auf Ausbildung ihrer Arbeitskräfte und modernes Marketing zu legen, um gegen die internationale Konkurrenz mithalten zu können.
Eine Folge des anhaltenden Wirtschaftswachstums erfüllt die WirtschaftsplanerInnen in Kuala Lumpur jedoch mit Besorgnis: Mehr als die Exporte sind im vergangenen Jahr die Importe gewachsen, und damit stieg auch das Zahlungsbilanzdefizit: von 11 Milliarden Ende 1994 auf 17,8 Milliarden Ringit 1995 (10,7 Milliarden Mark).
Eingeführt werden nicht nur Konsumgüter, sondern vor allem teure Technik für die Infrastruktur- und Prestigeprojekte: Der neue Großflughafen, die Regierungsstadt, Telekommunikation, Energie- und Transportprojekte gehören dazu. Der 421 Meter hohe Fernsehturm von Kuala Lumpur wird zum Beispiel von einem deutsch-malaysischen Joint Venture unter Leitung der Firma Wayss & Freytag gebaut. Deutschland ist Malaysias wichtigster europäischer Handelspartner. Es liegt an vierter Stelle hinter Japan, den USA und Singapur.
Gestern stellte Premierminister Mahathir den 7. Fünfjahresplan für die malaysische Wirtschaftspolitik vor. Zwar lag die Inflationsrate mit 3,4 Prozent im vergangenen Jahr relativ niedrig. Nach Ansicht von Beobachtern wird die Regierung dennoch versuchen, das Wachstum in den kommenden Jahren leicht zu dämpfen, um eine Inflation zu verhindern. Jutta Lietsch
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