Der schnelle Griff zur Gruppe

■ Eine private Selbsthilfe-Initiative will schneller an Selbsthilfe-Initiativen vermitteln

„PAIN“ im Telefonbuch? Ein schönes Wortspiel in der Tat, wenn Sie verzweifelt nach der richtigen Nummer unter dem richtigen Namen suchen. „PAIN“ heißt nämlich auch „Patienteninitiative für Amalgam- und Zahnmetallgeschädigte“. Und die soll künftig schneller anrufbar sein. Die Gruppe „Patientenschutz“ (Bremen) nimmt sich seit Neuestem der „nichtbetroffenen OttonormalverbraucherIn“ an: Ein Datenpool mit den unzähligen, ungezählten und schwer auffindbaren Selbsthilfegruppen aller Art ist im Aufbau. Noch in Form einer privaten Selbsthilfe-Initiative, die ein Verein werden will. „Wir sind selbst eine Selbsthilfe-Gruppe ohne erklärtes Ziel“, sagt der Haupt-Initiator Andreas Ideker.

„Wer nicht weiß, wohin er sich wenden soll, ist möglicherweise bei uns richtig“, verspricht Ideker. Die Gruppe „Patientenschutz“ will Selbsthilfesuchende an die richtigen Plätze vermitteln, und zwar bundesweit. Seit Sommer '95 sammelt Ideker – nach einer persönlichen „Suche von Pontius zu Pilatus“ – Beschwerden und die passenden Adressen dazu. „Wir informieren uns: Was ist das Problem? – und stellen Kontakt her“, beschreibt Ideker das Konzept.

„Patientenschutz“ wird z.Zt. noch aus Andreas Idekers Privatwohnung heraus organisiert sowie zu einem großen Teil aus seiner Privattasche finanziert. „Das ist in Ordnung, andere unterstützen eben den Tierschutzverein“, sagt der Mann, der sich selbst als erwerbsunfähig und „Patientenschutz“ als seinen Lebensinhalt bezeichnet. Die Lücke, die Ideker aufgetan hat, ist ihm die Investition wert. Zwar führen in Bremen etwa die Patientenstelle im Gesundheitsladen, das Gesundheitsamt selbst, die Krankenkassen oder die Verbraucherzentrale ebenfalls die Adressen von Selbsthilfegruppen, „aber aktuell sind diese nicht“. Die herausgegebenen Druckwerke würden nun mal ziemlich schnell veralten.

Prompt und schnell sollen über den „Patientenschutz“ nun per Telefon oder auf dem Postwege die Infos rausgehen – von PatientIn zu PatientIn oder von PatientIn zur Selbsthilfegruppe und zurück. „Angehörige rufen uns an und erzählen von einem Schlaganfall in der Familie und von den Nachfolgeschäden. Verlust des Sprechvermögens z.B., und wir stellen dann die Kontakte zu Aphasieexperten und -kranken her.“ Dazu mußte Ideker das Datenschutzgesetz und auch das Sozialgesetzbuch lesen, denn in Renten-Rechtsfragen zum Beispiel darf „Patientenschutz“ nicht beraten: „Wir sind zwar professionell, aber nicht gewerblich.“

Neun Gründungsmitglieder und circa 30 ratsuchende PatientInnen zählt der angehende Verein bereits. 800 Selbsthilfe-Adressen sind im Computer, 1.000 müssen noch eingegeben werden. Die Deutsche Herzstiftung in Frankfurt wird mittlerweile regelmäßig angefaxt, TherapeutInnen rufen sich den Psychologischen Informationsdienst ab. „Patientenschutz“ strebt die Vernetzung an. Konkurrenz zu den existierenden Beratungsstellen hat Ideker jedoch nicht im Blick: „Wir wollen über reguläre Angebote hinausgehen und vor allem den ländlichen Bereich abdecken.“ – „Patientenschutz“ sucht Sponsoren (für zwei PCs, ein Modem, einen Kopierer etc. und Geld) denn die jetzige Einkommensquelle „energische Bitte“ um einen Mitgliedsbeitrag (7,50 Mark im Monat) oder um die einmalige Zahlung von 20 Mark wird nicht mehr lange reichen. sip

Patientenschutz, Tel. 20 30 333, Fax 20 30 336