■ Die PDS will in Ostdeutschland endlich mitregieren
: Keiner kommt an ihr vorbei

Nach ihrem Erfolg bei der Fusionsentscheidung in Berlin und Brandenburg strotzt die PDS vor Selbstbewußtsein. Erstmals hat die Partei den Beweis angetreten, daß sie in einer wichtigen politischen Auseinandersetzung in den neuen Bundesländern mehrheitsfähig ist – und das gegen die veröffentlichte Meinung und in Konfrontation mit den westdeutsch dominierten Parteien. Wie keine andere Partei kann die PDS artikulieren, was die Mehrheit der Ostdeutschen denkt und fühlt. Dieser Erfolg rückt die Partei strategisch in eine neue politische Position. Gegen die PDS kann im Osten auf längere Sicht kaum regiert werden.

„An uns kommt keiner mehr vorbei“, verkündet folgerichtig der PDS-Vordenker André Brie und reklamiert für seine Partei die Beteiligung an der politischen Macht in den neuen Bundesländern. Ausgrenzung und ideologische Verteufelung der PDS halten keinen Ostdeutschen mehr davon ab, die PDS zu wählen oder sich ihren politischen Positionen anzuschließen. Statt sich mit Ignoranz und Arroganz weiter über die Interessen und Befindlichkeiten vieler Ostdeutscher hinwegzusetzen, werden die übrigen Parteien nach Wegen suchen müssen, die PDS in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Innerparteilich hat sich in der PDS die Erkenntnis längst durchgesetzt, daß der starre Oppositionskurs nicht länger durchzuhalten ist. Nicht in der Berliner Parteizentrale, wo mit kaum nachlassender Leidenschaft weltanschauliche Debatten geführt werden, wird das Marschtempo vorgegeben, sondern in den starken ostdeutschen Landesverbänden. In Schwerin und Magdeburg stehen die Landeschefs Holter und Claus längst für eine Regierungsbeteiligung bereit.

Langwierige politische Auseinandersetzungen über diese Frage, wie etwa bei den Grünen in den achtziger Jahren, wird es in der PDS nicht geben. Ein in der Partei und seinem gesellschaftlichen Umfeld verankerter Fundiflügel existiert nicht. Die meisten Mitläufer der DDR wünschen sich außer ein paar Streicheleinheiten für ihre geschundenen Seelen nichts sehnlicher, als im vereinten Deutschland durch die Teilhabe der PDS an der Macht rehabilitiert zu werden. Dann wird die Partei allerdings beweisen müssen, ob sie auch praktische politische Konzepte vorzuweisen hat, die finanzierbar und bei den Ostdeutschen mehrheitsfähig sind. Christoph Seils