Alle Polizisten schützen die Bahn

Solidaritätsdemonstration mit dem Widerstand in Gorleben in Landau/Pfalz. Ein Polizist pro Demonstrant. Anschlag vereitelt  ■ Aus Landau Klaus-Peter Klingelschmitt

Wer hätte gedacht, daß es in der Pfalz und an der idyllischen Weinstraße so viele Polizeibeamte gibt? Polizisten auf und unter Eisenbahnbrücken, Polizisten an Bahndämmen und auf Bahnhöfen, Polizisten an Bahnschranken und in Bahnwärterhäuschen. Und Wannen über Wannen, vollbesetzt mit voll ausgerüsteten Polizeibeamten im verschlafenen kreisfreien Städtchen Landau, hart an der Grenze zum französischen Elsaß.

Dabei hatten doch nur die braven Bündnisgrünen in Landau und im Landtag von Rheinland-Pfalz für Montag abend zur Demonstration gegen den Atommülltransport aus La Hague nach Gorleben aufgerufen. Denn bei Lauterbourg in Frankreich und Wörth in Deutschland sollte der am Montag nachmittag in La Hague abgefahrene Zug mit der „Teufelsfracht“ (Grüne) die Grenze passieren und dann – via Landau und Neustadt – entweder über Kaiserslautern oder über Bad Dürkheim nach Bingen am Rhein weitergeleitet werden.

Gestern mittag hat der Atommüllzug dann bei Worms den Rhein überquert, um dann, an den Schrottreaktoren von Biblis vorbei über Darmstadt, Aschaffenburg, Hanau, Fulda und Kassel nach Niedersachsen gelangen zu können.

Elektrisiert hatte die Polizei in der Pfalz ein in der Nacht zum Montag vereitelter Anschlag auf die Rheinbahnstrecke bei Germersheim. Auch in Neustadt und in anderen Gemeinden in Rheinland-Pfalz entlang der Route hatten Bündnisgrüne und Umweltschutzgruppen für den Montag zu Demonstrationen gegen den Transport der „zusammengeschweißten Atommülltonne“ aufgerufen.

In Landau kam an diesem lauen Frühlingsabend ein Polizist oder Bundesgrenzschützer auf eine DemonstrantIn aus dem bündnisgrünen und alternativen Lager. Ein paar hundert Menschen waren dem Aufruf der Bündnisgrünen in Stadt und Land gefolgt und hatten sich auf dem Marktplatz der Kommune versammelt. Gorleben sei keine geeignete Lagerstätte für Atommüll, rief Friedel Grützmacher, Landtagsabgeordneter der Grünen in Rheinland-Pfalz, den Demonstranten zu. Schon der Transport des „hochkontaminierten Plutoniums“ von La Hague nach Gorleben stelle eine nicht unerhebliche Gefahr für die Bevölkerung entlang der Strecke dar. Denn der Atommüll werde in Behältern französischer Bauart auf die lange Bahnreise geschickt, die – nach Angaben von Greenpeace – „nicht sicher“ seien. Beifall.

Die Landauer BürgerInnen aber schlossen sich der Demonstration nicht an, sondern Türen und Fenster zu. Und vor dem Eiscafé in Bahnhofsnähe sammelte eine Frau rasch ihre Kleinkinder ein, als die Bündnisgrünen und die eine Handvoll autonomer Demonstranten – alles freundliche junge Menschen – in Sichtweite kamen: „Damit han mer nix zum due.“

Zu tun bekamen es die Demonstrantinnen und Demonstranten dann aber mit der Polizei, dem Bundesgrenzschutz und der Bahnpolizei. Die Beamten hatten den Bahnhof von Landau einfach „besetzt“. Und so setzten sich die AtomkraftgegnerInnen, die „keine Konfrontation mit der Polizei“ suchten, ganz entspannt auf die Treppenenstufen vor dem tristen Bahnhofsgebäude und verzichteten auf die angepeilte Besichtigung der Gleisanlagen. Ein Bündnisgrüner mit Megaphon erklärte die Veranstaltung für beendet, die Menge zerstreute sich, die Heerscharen von PolizistInnen bestiegen ihre bereitstehenden Wannen – und auch die Sonne verschwand hinter den Bergen der Pfalz.

Auf und unter den Brücken, an den Bahnübergängen und auf den Bahnsteigen standen noch mehr PolizistInnen: Nachtschicht.

In Kleinostheim in Bayern schrieb Eduard Bernhard vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) seine Strafanzeigen gegen die Deutsche Bahn AG und gegen das Bundesamt für Strahlenschutz wegen der Durchführung und der Genehmigung der Atommülltransporte. Und im hessischen Wiesbaden formulierte der Landesvorstand der Bündnisgrünen einen Aufruf zur Unterstützung des angekündigten „friedlichen Widerstandes“ auch in Hessen.