Nehm will Steinmetz anklagen

Bislang wird der ehemalige V-Mann vom Verfassungsschutz gedeckt, doch der Generalbundesanwalt will ihn nun wegen des Anschlags auf das Gefängnis Weiterstadt vor Gericht bringen  ■ Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) – Die Karlsruher Bundesanwaltschaft will den früheren Verfassungsschutzmitarbeiter Klaus Steinmetz vor Gericht stellen. Das geht aus einem Brief hervor, den Generalbundesanwalt Kay Nehm an den Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Bundestages, Horst Eylmann, schickte. Das Schreiben liegt der taz vor. Nehm, der heute auf Antrag der bündnisgrünen Bundestagsfraktion vor dem Rechtsausschuß zu den „Problemen der Strafverfolgung“ im Ermittlungsverfahren gegen Steinmetz Stellung nehmen soll, teilte dem Bonner Gremium mit dem Schreiben vom 24. April mit: „Ich beabsichtige, nach Abschluß der Ermittlungen Anklage gegen Klaus Steinmetz zu erheben.“

Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den früheren V-Mann des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Steinmetz soll an dem Sprengstoffanschlag der Roten Armee Fraktion (RAF) auf den Gefängnisneubau im hessischen Weiterstadt im März 1993 beteiligt gewesen sein. Bei dem Anschlag war eine Sachschaden von rund 150 Millionen Mark entstanden. Mit Steinmetz war es den Verfassungsschutzbehörden erstmals gelungen, einen V-Mann an die sogenannte Kommandoebene der RAF heranzuspielen. Der V-Mann Steinmetz war es auch, der die Ermittlungsbehörden an die RAF-Mitglieder Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld heranführte. Der Versuch, ein Treffen von Steinmetz mit den beiden RAF-Mitgliedern zu deren Festnahme zu nutzen, mündete dann aber im Juni 1993 in Bad Kleinen in einem desaströsen Polizeieinsatz. Der Polizeibeamte Michael Newrzella wurde dabei erschossen, Wolfgang Grams kam unter bis heute nicht richtig geklärten Umständen ums Leben, Birgit Hogefeld wurde festgenommen. Sie muß sich zur Zeit wegen Mordes vor Gericht verantworten.

Steinmetz, der bei diesem Polizeieinsatz enttarnt wurde, erhielt anschließend vom Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz eine neue Legende. Er ist seitdem für die Strafverfolgungsbehörden nur mittelbar über Dritte zu erreichen. Die Bundesanwaltschaft erwirkte zwar einen Haftbefehl gegen Steinmetz, der allerdings nicht zur internationalen Fahndung ausgeschrieben wurde.

Mit dem Schreiben an den Ausschußvorsitzenden Eylmann versuchte der Generalbundesanwalt, seine Ladung vor den Rechtsausschuß rückgängig zu machen. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Steinmetz versicherte der Chef der obersten Anklagebehörde: „Geeignete Maßnahmen, die ich im Interesse ungestörter Ermittlungen nicht öffentlich machen kann, werden gewährleisten, daß der Beschuldigte für weitere Ermittlungen und eine zukünftige Hauptverhandlung zur Verfügung steht.“

Nehm behauptet in dem Schreiben weiter, daß seine Behörde sowohl mit dem Kölner Bundesamt als auch mit der rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzbehörde „vertrauensvoll und effektiv“ zusammenarbeite. Die aufgetretenen Hindernisse bei der Strafverfolgung von Steinmetz seien ausschließlich „in der ungewöhnlichen Konstellation dieses Falles“ zu suchen. So dürfe die Tatsache, „daß gegen eine Auskunftsperson, für deren Schutz staatliche Stellen verantwortlich sind, zugleich der dringende Verdacht einer Straftat besteht“, nicht zur „Preisgabe des gebotenen Schutzes führen“. Insoweit, schrieb Nehm weiter, „vermag ich nicht zu erkennen, wie der Rechtsausschuß des Bundestages bei der Lösung des Problems der persönlichen Sicherheit des Beschuldigten behilflich sein könnte.“

Beim Rechtsausschuß des Bundestages verfing die Argumentation allerdings nicht: Die Ladung des Generalbundesanwalts für die heutige Sitzung wurde nicht abgesetzt.