Die sanfte Zähmung eines Falschparkers

■ Der Basketballer Cunnie Williams bemüht sich neuerdings um richtigen Schluchz-Soul

1993 registrierte man in der Flut der Soul-Adepten einen Sänger, dessen Raffinesse darin lag, daß er immer wieder charmant die Spur des wohltemperierten Croonings verließ, die Melodie knapp hinter die richtigen Töne setzte und mit einer gewissen Coolness neben der Erwartung an einen Jünger Marvin Gayes parkte. Cunnie Williams, Amerikaner im norddeutschen Exil, sang auf Comin' From The Heart Of The Ghetto einfach ein wenig falsch, aber so überzeugt, daß man an einen sympathischen Stil glauben mochte.

1996, nachdem Williams sich die Aufmerksamkeit der Verwertungsmedien gesichert hatte und auch außerhalb Deutschlands, wo er bei dem kleinen Hamburger Label Yo Mama debütierte, bekannt war, wurde er gezähmt. Auf den hitverdächtigen Schluchz-Soul-Stücken seiner neuen, im Juni erscheinenden CD Love Starved Heart, die trotz seines Erfolges erneut bei dem Lokallabel erscheint, klingt der ehemalige Basketballer verzuckert wie Omar, und auf den funkigeren Nummern wird ordentlich gesprechsangt wie Gil Scott-Heron es lehrt. Nur im musikalischen Zwischenstromland darf Williams noch etwas neben der kommerziellen Ackerfurche singen und rappen. Das ist eigentlich schade, denn saubergeleckte Liebesmusik gibt es regaleweise.

Im Gegensatz zu seinem Gottvater Marvin ist Williams allerdings ein echt schüchterner Junge. Wo Gaye die ganze sexuelle Überzeugungskraft seines schmusigen Baritons ausbreitet, rückt Williams eher in die Sphären vor, wo der Sänger erobert sein will. Verhaltener Gesang am Rande der Brüchigkeit und Leidenschaft mit der Note des sensiblen Zeitgenossen begleiten seine Sammlung durchweg langer Stücke. Das ist weniger mackerhaft und trotzdem nicht langweilig. Ein pulsendes Herz im Geschäft - und in weichen Momenten hört man es gerne. Till Briegleb Di, 14. Mai, 21.30 Uhr, Mojo