Niebüller Fleischfirma geht's ans Fell

■ Überkapazitäten und BSE: Konkursantrag gegen Annuss

Berlin (taz) – Der BSE-Skandal fordert das erste Opfer: Gegen die Annuss Fleisch KG im nordfriesischen Niebüll, den größten norddeutschen Fleischverarbeiter in Privatbesitz, läuft das Konkursverfahren. Betroffen sind 23 Unternehmenstöchter im Inland mit insgesamt rund 1.000 Angestellten und 900 Millionen Mark Jahresumsatz.

Doch Rinderwahn sei nur der Anlaß gewesen, erklärt ein Sprecher der Commerzbank, die die Gläubiger vertritt, eigentliches Problem sei die Strukturkrise im Fleischgewerbe. Seit Jahren schon läßt die Lust auf Fleisch nach, gleichzeitig stiegen durch Rationalisierung die Kapazitäten. Die Schlachthöfe sind bei Rindern bloß zu 60 Prozent ausgelastet, bei Schweinen zu 40 Prozent. Das verdirbt die Preise.

Geschäftsführer Reinhard Annuss sagt, er sei vom Verfahren überrascht worden: „Wir hatten einen Vorvertrag zur Fusion mit der NFZ, der Norddeutschen Fleischzentrale – das hätte uns wieder in die schwarzen Zahlen gebracht.“

Doch das Bundeskartellamt hatte den Fusionsplan zunächst auf Eis gelegt. Der Grund: Insgesamt 17 Firmen, die 75 Prozent des deutschen Viehs schlachten, verhandeln über ein Strukturkrisenkartell. Sie wollen in Absprache ein Fünftel der Schlachtkapazität beseitigen. Bisher liegt dem Kartellamt aber noch kein konkreter Antrag vor, denn die beteiligten Unternehmen konnten sich bisher nicht über die Finanzierung des Abbaus einigen. Pech für Annuss. Solange das Kartell in der Schwebe ist, will das Kartellamt keine Fusion genehmigen. Jetzt hat der Konkursrichter das Wort.

Zur Annuss Fleisch KG gehören unter anderem Schlachthöfe in Teterow, Kiel, Husum und Niebüll. Indirekt hängen rund 1.000 weitere Arbeitsplätze, etwa von Veterinären, Spediteuren und Packern, von ihrem Schicksal ab. Die Betriebe arbeiten vorerst weiter, doch wie viele Arbeitsplätze auf Dauer erhalten bleiben, ist noch unklar. Matthias Urbach