„Für meinen Geschmack transparent“

■ SPD-Kandidat Bars findet in der Bezirksversammlung Mitte keine Mehrheit Von Florian Marten

“Abgegebene Stimmen 41. Mit Nein stimmten 12, eine Enthaltung, 20 Stimmen entfallen auf Herrn Bars, 8 auf Herrn Dressel. Damit ist keiner der Kandidaten gewählt.“ Die Polit-Bombe platzte am Dienstagabend um Punkt 19.33 Uhr in Stock 1, Haus B, des viertürmigen Behördenschlachtschiffs Hamburg-Mitte am Klosterwall. Siegfried Bars, Biologielehrer, SPD-Bezirksfraktionschef, von Bausenator Eugen Wagner und Ex-Bausenator Volker Lange (SPD-Kreischef Mitte) ausgeguckt, den Behördenapparat des Bezirks in den nächsten 6 Jahren zu leiten, war durchgefallen.

Direkt nach seiner Schlappe ließ Bars durchblicken, daß er voraussichtlich keinen neuen Anlauf unternehmen wird, um den mit 12.000 Mark Monatsgehalt und leckeren Pensionsansprüchen garnierten Job zu ergattern: „Ich muß mich wohl wieder anderen Dingen zuwenden. Ich habe ja noch einen Beruf, der mir Spaß macht.“ Als Fraktionschef will er allerdings weiterarbeiten. Seiner Kandidaten-NachfolgerIn drohte er an: „Es wird sehr schwer, einen anderen Personalvorschlag zu entwickeln.“

Zuvor hatte die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte (21 SPD, 9 CDU, 8 GAL, 3 Rep), eine Politshow geboten wie seit Jahren nicht. Trotz heftiger Kritik auch aus den eigenen Reihen war Bars von der SPD ohne Ausschreibung, innerparteiliche Diskussion oder gar Qualitätsnachweis auf den Schild gehoben worden, „ein Verfahren“, so Bars, „das für meinen Geschmack transparent verlaufen ist“ – Riesengelächter im Saal. Unfreiwillige Komik bot der Kandidat auch, als er bei seiner Vorstellung auf den Kern seiner Qualifikation zu sprechen kam: „Ich habe seit meiner Geburt im Bezirk gewohnt. Als Biologielehrer kenne ich auch die Notwendigkeit, die natürlichen Lebensqualitäten zu bewahren.“ Unisono dagegen die Kritik von GAL und CDU: Bars sei unqualifiziert, ausgemauschelt und als Behördenleiter unerträglich.

Schwarze wie Grüne hatten vergeblich versucht, die Stelle des Bezirkschefs öffentlich auszuschreiben. Die GAL hatte sogar per Anzeige nach Bewerbern gesucht und nach einer öffentlichen Anhörung den parteilosen Klaus Dressel, langjähriger Sprecher der Bürgerinitiative Südliche Neustadt, ausgeguckt. Der präsentierte sich am Dienstag als einer, der sich über seine Qualifikation (Leiter von Entwicklungshilfeprojekten, Managementerfahrungen) und den Job des Bezirkschefs Gedanken gemacht hat: „Ich weiß nicht, ob ich der bessere Kandidat bin, ich weiß aber, daß ich es anders machen würde.“ Kommunale Demokratie, wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Dialog mit dem Bürger seien seine Leitbilder.

Soweit hätte es die SPD gar nicht kommen lassen brauchen. Eine kompetente SPD-Frau beispielsweise, das hatten die Grünen mehrfach durchblicken lassen, hätte eine breite Unterstützung gefunden. Selbst die CDU hatte signalisiert, eine Perestroika im Verhalten der SPD mit Zusammenarbeit zu belohnen. SPD-Mann Rolf Miller hielt trocken dagegen: „Herr Bars ist keine Frau und wird auch keine werden. Die Position ist zu wichtig, um das Geschlecht zum Maßstab der Dinge zu machen.“

Frauen, die sich bewerben wollten, hatte es in der SPD durchaus gegeben. Eine Undercover-Findungskommission von SozialdemokratInnen, Grünen und CDU hatte parallel zum öffentlichen Bars-Spektakel um KandidatInnen gebuhlt. Der Anpassungsdruck in der SPD war freilich zu groß: „Eine Kandidatur gegen Bars“, so eine InsiderIn, „hätte zur parteiinternen Ächtung geführt“. Da die SPD in Hamburg ihre GenossInnen in Sachen Aufstiegschancen und Arbeitsplatz im Griff hat, wäre jede öffentliche Opposition mit möglichen beruflichen Nachteilen erkauft gewesen.

Nach der Niederlage von Bars ist das Spiel jetzt neu eröffnet.