Der Gewinn aus der Sucht

■ Die „Bremer Hilfe“ verdient gut an der Sucht der anderen. Damit dies so bleibt, treibt sie die Privatisierung der Drogenarbeit voran.

Mit Drogenabhängigen läßt sich viel Geld verdienen. Das weiß auch der Verein „Bremer Hilfe zur Selbsthilfe“. Seit zehn Jahren betreuen Sozialpädagogen und Therapeuten des unabhängigen Vereins Bremer Drogenabhängige, unterstützen drogenabhängige Mütter und sich prostituierende Abhängige. Die Bremer Hilfe unterhält Therapiezentren, Wohngemeinschaften und seit 1990 die Druckerei Regenbogendruck.

Geld für den Verein fließt aus unterschiedlichen Töpfen. Den Großteil zahlen Sozialversicherungsträger. „Unsere Haupteinnahmequelle sind die Pflegesätze für die Therapieplätze“, sagt Volker Tegeler, Vorstand der Bremer Hilfe. Da die 35 Therapieplätze immer belegt sind und auch die 24 Plätze in den betreuten Wohngemeinschaften ständig ausgebucht sind, kann der Verein 68 feste MitarbeiterInnen beschäftigen. „Wir sind immer gut belegt“, sagt Tegeler. Er plane daher sogar, die Therapieplätze auf 50 aufzustocken und sechs weitere Wohnplätze zu schaffen.

Damit auch in Zukunft keine Belegungsengpässe auftauchen, unterhält die Bremer Hilfe in Gröpelingen eine Drogenberatungstelle. Dort können sich Süchtige und deren Angehörige über Therapien und Prävention informieren und an Selbsthilfegruppen teilnehmen. Dieselben Angebote macht im selben Haus auch die städtische Drogenberatungsstelle. Nach jahrelangem Kompetenzgerangel haben die beiden konkurrierenden Einrichtungen 1993 einen Kooperationsvertrag geschlossen.

Die Stadt hat die Bremer Hilfe dennoch seit 1989 mit jährlich rund 100.000 Mark subventioniert. Noch im Drogenbericht von 1990 wurde die staatliche Finanzspritze für das Zusatzangebot auf drei Jahre befristet, jedoch bis heute nicht eingestellt. In einem internen Papier des Amtes für soziale Dienste heißt es denn auch: „Die Befristung lt. Drogenhilfe-plan sollte ernstgenom-men und eine sofortige Prüfung durchgeführt werden“. Alle Arbeiten des Gröpelinger Büros der Bremer Hilfe könnten auch von der Drogenberatungsstelle der Stadt übernommen werden, ja gehörten geradezu „zu den originären Aufgaben der Drogenberatungsstelle“. „Es sprechen fachlich viele Gründe für eine Auflösung des Modells Stadtteilbüro“, heißt es weiter in der Einschätzung aus dem Sozialressort.

In den laufenden Haushaltsplanungen sieht das Sozialressort daher vor, der Bremer Hilfe die bereits für 1996 klaglos zugesagten 100.000 Mark zu streichen. Allerdings haben die Steuergeld-Verwalter der Bremer Hilfe freigestellt, wo denn das Geld eingespart wird. Aus Sicht des Amtes am sinnvollsten in Gröpelingen.

Die Bremer Hilfe fühlt sich im Mark getroffen. Schließlich sichert der Beratungsladen die Einnahmequellen und zieht die Kundschaft an. Der Verein möchte daher das Geld im Geschäftsfeld prostituierende Abhängige einsparen.

Zu Hilfe kommt dem Verein eine Geldspende der Aktion Sorgenkind. Die hat der Bremer Hilfe für die nächsten drei Jahre insgesamt 400.000 Mark für das Stadtteilbüro Gröpelingen versprochen. Allerdings nur dann, wenn auch die Stadt Bremen den Laden weiter unterstützt. „Durch diese Drittmittel sind wir sogar in der Lage, die Arbeit im Sozialzentrum Gröpelingen auszuweiten“, sagt Vereinsvorsitzender Tegeler. Damit könne die Bremer Hilfe den Haushalt Bremens und die staatliche Drogenberatung entlasten.

Und dann, so das Kalkül Tegelers, sehen Bremens Politiker endlich, was dem gewieften SPD-Mitglied schon seit Jahren vorschwebt: Daß die Arbeit mit Drogenabhängigen privatisiert werden muß. Gern unterbreitete Tegeler in den vergangenen Jahren Sozial-Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack seine Pläne. Dem „lieben Hans-Christoph“ und dem Landesdrogenbeauftragten Ingo Michels haben sich die Privatisierungswünsche des Privatmanns allerdings bislang nicht erschlossen. In einer Sitzung von Bremer Hilfe und den staatlichen Drogenwächtern führte Tegeler dann auch unumwunden aus, worum es ihm geht: „Es geht nicht darum, im Westen die Prävention etwas besser zu machen, sondern es geht darum, Drittmittel für den Stadtteil zu binden.“

ufo