Nicht ganz verläßlich

■ GEW behauptet: Verläßliche Volle Halbstagsgrundschule ist nicht verläßlich

Der Lehrer ist krank – wohin mit den Schulkindern? Soll der Hausmeister auf sie aufpassen? Oder sollen berufstätige Mütter gegebenenfalls nicht nur den eigenen Sprößling, sondern auch dessen Freunde betreuen? Wer nicht nach Hause kann, soll in Parallelklassen aufgenommen werden. Wird in kleinen Schulen das halbe Kollegium dahingerafft, soll die Nachbarschaftshilfe in Kraft treten und die Kinder auf andere Schulen verteilt werden. Notfalls können auch 30 Prozent der Teilungs- oder Förderstunden für Vertretungsstunden geopfert werden: In der Schulbehörde wurden Vorschläge erarbeitet für den Fall, daß die Verläßliche Halbtagsgrundschule nicht so verläßlich sein sollte, wie der Name vorgibt.

Von August an wird an einem Viertel der Hamburger Grundschulen zunächst in Harburg und Bergedorf das umstrittene Grundschulkonzept eingeführt. Dann werden die SchülerInnen von 8 bis 13 Uhr in der Schule sein, mit freiwilligen Anfangs- und Endzeiten.

Die GEW prophezeite gestern erneut ein Chaos. Denn mit der Einführung werden in der ersten Region regulär 92 Stellen mehr benötigt, die durch Umverteilungen besetzt werden sollen. Doch die Zahl der GymnasiallehrerInnen, die bereit sind, an Grundschulen auszuhelfen, sei zu klein, um das Vertretungsproblem zu lösen, wie Jan Schwarz, Vorsitzender des Personalrats der Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen, erklärt. Derzeit unterrichten 150 GymnasiallehrerInnen stundenweise an Grundschulen.

Während die Schulbehörde ihr Szenario bei Unterrichtsausfall als „Anregungen für Notsituationen“ betrachtet, geht die neue GEW-Vorsitzende Anna Ammonn davon aus, daß dies zum Normalfall werden wird. Denn die Grundschulen seien personell zu schlecht ausgestattet. Die Klassenfrequenzen werden sich drastisch erhöhen. Durch die ungenügende Ausstattung der Schulen werde eine an sich gute Reform kaputt gemacht, lautet Anna Ammonns Kritik. Sie kündigte Protestaktionen an. Patricia Faller