: Notlösung Presse
■ Spielhallenbesitzer rief die Polizei, als ein Schwarzer den Laden betritt/ Sein Opfer: „Das einzige Verbrechen war, daß er mich wegen meiner Hautfarbe diskriminierte“
Terrence D. Brown hat entschieden: Sein Erlebnis in der „Spielstube“ am Dobben soll ruhig in die Öffentlichkeit kommen. Heute. Dabei liegt es schon drei Wochen zurück, daß Terrence D. Brown aus der Spielstube am Dobben geworfen wurde. Das sei das „Recht“ des Filialleiters, habe ihm damals die Polizei bestätigt. Seither haben Terrence und seine Frau Birgit den Vorfall immer wieder mit ihrem eigenen Rechtsverständnis konfrontiert – und dann beschlossen, ihn an die Öffentlichkeit zu bringen. Doch eigentlich ist das nur eine „Notlösung“: „Bei uns zu Hause würde ich vor Gericht gehen und den Mann wegen Diskriminierung anzeigen“, sagt Terrence D. Brown.“
„Der Mann“ heißt Reiner Böcker und ist Filialleiter der Spielstube am Dobben. Herr über Flipper und Billiardtische. Und Herr über das Hausrecht, das er dem Amerikaner, der einst in Milwaukee zu Hause entzog. Warum? Weil Terrence D. Brown schwarz ist.
Das bestätigt auch Reiner Böcker. Er habe einen „Drogenverdacht“ gehabt. Worauf der basierte? Da ist Böcker fast ratloser als sein Opfer Terrence D. Brown. Der hatte Böcker Raison unterstellt: „Vielleicht hat er gesehen, daß ich ein paar Minuten vor seinem Laden herumstand, weil ich auf meinen Freund gewartet habe. Wir waren um 16 Uhr verabredet und er kam ein wenig später.“ Vielleicht habe Böcker ihn deswegen für einen Dealer gehalten?
Der Filialleiter jedenfalls forderte die Freunde gleich nach dem Betreten der Spielhalle auf, zu gehen – weil er „afrikanische Drogendealer“ nicht in seinem Laden haben wollte – und nicht glaubte, daß Terrence D. Brown und sein Freund weder Drogendealer noch afrikanisch seien. Nur schwarz.
Doch der Filialleiter griff zum Hörer und rief die Polizei. „Der hat er gesagt, er habe zwei Drogendealer im Laden“, berichtet Brown. Und daß er zu diesem Zeitpunkt langsam wütend wurde. „Mir ist sowas erst einmal in Deutschland passiert. Es ist erniedrigend“, sagt er. Und daß die Leute wissen sollen, in was für einen Laden sie ihr Geld tragen, wenn sie in der Spielstube am Dobben Billiard spielen gehen. Nichts anderes haben er und sein Freund, zwei leidenschaftliche Pool-Spieler, an diesem Nachmittag gewollt. Dazu kam es nicht. Obwohl Terrence Brown und sein Freund alles versuchten.
„Als der Mann die Polizei rief, habe ich selbst mit dem Beamten gesprochen“, berichtet er aufgebracht. „Das einzige Verbrechen, was hier begangen wurde, ist doch, daß ich wegen meiner Hautfarbe diskriminiert wurde.“ Das habe er dem Beamten klar gesagt. Doch der wollte deswegen keinen Einsatz fahren, „weil der Filialleiter das Recht hat, Leute rauszusetzen, die er nicht im Laden haben will. Bei uns ist sowas illegal.“
Der Filialleiter Böcker sieht das ganz anders. Er erinnert sich noch genau an „die Geschichte“, als er bei der taz anruft, um seine Stellungnahme zu dem Vorfall „wegen dem Neger“ abzugeben. Der habe nicht gehen wollen, obwohl er sollte. Es habe doch keinen Anlaß gegeben, dem Mann zu glauben. „Der war doch gekleidet wie ein Afrikaner. Mit Jeans und so einem Ding“, beharrt Böcker. Er könne doch in die Leute nicht reinschauen. Deshalb sei er der Drogensache „vorausgegangen“, begründet er das Hausverbot gegen Terrence D. Brown. Nein, ein Schnellschuß sei das nicht gewesen. „Im Gegenteil, die schießen doch sonst auf mich.“ Neun Drogendealer seien neulich auf ihn losgegangen, weil sie dachten, er habe sie bei der Polizei angezeigt. ede
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