„Happy Mondays“ bündeln Protest

Renitente Studenten wollen mit Professoren und dem DGB an die Leipziger Montagsdemonstrationen anknüpfen. Die Linden werden mit Büchern gepflastert, ein Student spuckt Feuer  ■ Von Christian Füller

Vor der Humboldt-Universität (HU) kommt heute symbolisch die „Bildung unter die Räder“. StudentInnen und Professoren sind aufgerufen, die Straße Unter den Linden mit Büchern zu pflastern. Mit Kaffee und konstruktiver Information wollen die Studis dann bei den AutofahrerInnen den Bleifuß lockern. Die Montagsdemonstration soll den seit zwei Wochen andauernden Protest gegen die drakonischen Einsparungen an den Unis zusammenführen und schlagkräftiger machen.

Studierende und Professoren kamen gemeinsam auf die Idee, an die berühmte Demo in Leipzig anzuknüpfen, die den Zusammenbruch der DDR einleitete. Ziel der Berliner Montagsdemos ist es, „die Proteste im regelmäßigen Turnus zu bündeln und jede neue Woche mit einem machtvollen Paukenschlag einzuläuten“. Heute finden zwei Montagsdemos statt: Um 16 Uhr ziehen die Studenten der Technischen und Freien Uni vom Ernst-Reuter- zum Breitscheidplatz. Gleichzeitig gehen Unter den Linden die Studis der HU auf die Straße. Den Unizöglingen ist es gelungen, Professoren aller politischen Couleurs zu vereinen. Am Bebelplatz wird der linksliberale Historiker Ludolf Herbst (HU) das Wort ergreifen. Am Breitscheidplatz reden der linke Politikwissenschaftler Peter Grottian (FU) und der Historiker Werner Dahlheim (TU), der sich „ins konservative Lager einsortiert“. Die Hauptbeiträge halten Studenten.

Die beiden Montagsdemonstrationen sind, so teilten die Veranstalter mit, als „Happy Mondays“ gedacht: Am Bebelplatz will ein Student vor „UniWut“ Feuer spucken, und es werden Cocktails gereicht. Am Breitscheidplatz wird ein Unibaum zersägt, dessen Äste die einzelnen Disziplinen darstellen. Wie berichtet hatte das Abgeordnetenhaus den Universitäten ganz real verschiedene Fachbereiche abgesägt. Durch das Haushaltsstrukturgesetz wird die Zahnmedizin der FU aufgelöst. An TU und HU beschloß Berlins Parlament, die Fachbereiche Anglistik, Romanistik und Pharmazie abzuwickeln, sobald die jetzt Studierenden abgeschlossen haben.

Die studentischen Montagsdemonstrierer wollen ihre Aktion bewußt für andere gesellschaftliche Gruppen öffnen, die von Kürzungen aufgrund der Haushaltsmisere betroffen sind. „Der Kahlschlag an den Universitäten ist nur ein Teil des ganzen Sozialabbaus“, sagte die Geschichtsstudentin July Sollmann zur taz. Die OrganisatorInnen streben eine Beteiligung des Deutschen Gewerkschaftsbundes bei den Demos an. „Wir hoffen darauf, daß sich die Demo im Schneeballprinzip weiterverbreitet“, meinte Bert Hoppe (HU).

Die geplante Aktion findet auch bei den Professoren Anklang. Der Direktor des Geschichtsinstituts der HU, Michael Borgolte, hält die Monatgsdemo für „eine vernünftige Idee, um die Öffentlichkeit zu erreichen“. „Ich werde dafür sorgen, daß möglichst viele Lehrende daran teilnehmen“, versicherte Borgolte. Auch sein konservativer TU-Kollege Dahlheim „unterstützt die Aktion voll und ganz“. Dahlheim will heute am Breitscheidplatz deutlich machen, „daß dieses Land nur einen Rohstoff hat: die Intelligenz und Tatkraft der Menschen“. Wer seine Unis wie Berlin „in den Abgrund“ drücke, mißachte diese Tatsache.

Die Vollversammlung der TU findet – anders als berichtet – morgen, Dienstag, um 12 Uhr statt.