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Trekkies Wallfahrt

■ Die 4. Star-Trek-Convention in Bonn: Jede Menge Weltraumkitsch, Serienexegese und Stars zum Anfassen

Die Technik auf der Eröffnungsveranstaltung der vierten und bisher größten „Star-Trek- Convention“ am vergangenen Freitag in Bonn funktionierte wie auf der „Enterprise“ bei einem Angriff der Klingonen: schlecht. Erst nach vier Anläufen lief endlich ein Video, das „Trekkie“ und Mitveranstalter Tobias Richter in monatelanger Computerarbeit hergestellt hatte und auf dem ein kurzer Krieg der Sternenkreuzer zu sehen war.

Aber die rund 2.400 im Maritim- Hotel versammelten Anhänger des Star-Trek-Kults – die meisten in kompletten, der „Next Generation“-Mannschaft nachempfundenen, schwarz-roten oder schwarz- blauen Kostümen – wurden reich entschädigt: mit leibhaftigen Auftritten ihrer Idole. Allen voran Walter Koenig, der „Chekov“ der in den 60er Jahren entstandenen ersten Staffel. In der multikulturellen Brückenmannschaft der „Enterprise“ stand er seinerzeit für das der Konföderation beigetretene Rußland und lenkte – einträchtig neben einem Chinesen, einer Schwarzen, einem Vulkanier und natürlich dem Ami Kirk – das Raumschiff durch die unendlichen Weiten des Alls.

Nun tänzelte er auf der Bühne herum, mit dem Mikro in der Hand, aber man hörte ihn nicht. Der Master of Ceremony, Marc B. Lee, seit zehn Jahren im Raumgeschäft, fummelte am Mikro herum, doch das war nicht das Problem. Koenig schwieg einfach, und die ihm nachfolgten – Armin Shimerman, „Tashaja“ Denise Crosby, „Harry Kim“ Garrett Wang und der „holographische Doktor“ Robert Picardo – sagten kaum mehr. Umjubelt wurden sie dennoch – obwohl Wang und Picardo zur Mannschaft der „Voyager“ und damit zur dritten Nachfolgeserie nach „The Next Generation“ und „Deep Space Nine“ gehören, die in Deutschland erst ab Juni zu sehen ist – auf dem „Star-Trek-Sender“ (so die Eigenwerbung) Sat 1. Aber was ein echter Trekkie ist, der kennt „Voyager“ natürlich längst: von Videos oder spätestens seit dem Nachmittag aus einem der Vorführräume des Hotels.

„Voyager“, so Walter Koenig weitaus eloquenter auf der Pressekonferenz, komme dem Original noch am nächsten. Was die klassische Serie ausgezeichnet habe, und das sagte er in deutlicher Abgrenzung zum sterilen Ambiente auf den Schiffen der nächsten Generationen, sei die Leidenschaft gewesen, mit der sich alle Beteiligten dem Projekt „Star Trek“ gewidmet hätten, „besonders William Shatner“; ihm, Captain Kirk, verdanken die Drehbücher bekanntlich einen Großteil des Humors und der Spannungen zwischen den Figuren. „Dynamik und Emotionen“ (Koenig) wie auf der „Enterprise“ finden sich tatsächlich im Ansatz auch auf der „Voyager“ wieder, wo erstmals eine Frau das Kommando führt. An ihrer Seite ein schwarzer Vulkanier, ein begnadigter Sträfling und ein Neuling bei seiner ersten Sternfahrt – Harry Kim.

Um in Bonn dabei zu sein, mußten die Trekkies einiges locker machen. Rund 200 Mark kostet die Teilnahme an der dreitägigen Convention, eine Tageskarte bis zu 100 Mark. Dazu kommen 110 Mark für drei warme Mahlzeiten, 130 Mark für das Doppelzimmer pro Nacht sowie natürlich die Anreise. Viele Freunde, so die 17jährige Stefanie, treffe man nur auf den „Cons“, weil die Entfernungen zu den Wohnorten zu groß seien. Zu den „Cons“ dagegen ist kein Weg zu weit, obwohl sich das Angebot in Autogrammsessions und Redestunden mit den Stargästen, in Film- und Videovorführungen und einer „Space-Disco“ erschöpft.

Und einem gigantischen Merchandising-Markt, auf dem rund 40 Händler auf einigen hundert Quadratmetern allen erdenklichen Weltraumkitsch anbieten, zu astronomischen Preisen: 30 Mark für eine „Enterprise“-Tasse aus den 70ern, 100 Mark für Spielzeugmodelle der Schiffe und über 1.000 Mark für Autogrammkarten mit den Unterschriften einer ganzen Crew samt Aufnahmestab. Daß der angekündigte achte Star-Trek- Film für 50 Millionen Dollar hergestellt werde, obwohl der siebte gerade die Hälfte gekostet und kaum die Produktionskosten eingespielt habe, lasse sich, meinte „Chekov“ Walter Koenig grimmig, nur aus dem gigantischen Geschäft mit den Merchandising-Artikeln erklären. Rund zwei Milliarden Mark sind bis heute insgesamt in die Taschen der Star-Trek-Macher und -Vermarkter geflossen.

Veranstalter der Convention ist neben Sat.1 die Fred-Con GmbH, praktisch ein Ein-Mann-Unternehmen des Augsburgers Dirk Bartholomä. Von den 400.000 Mark Umsatz bleiben, so der Jungmanager, gerade zehn Prozent Gewinn, die aber gleich in die nächste Convention investiert würden. Die Personalfrage löst sich dabei stets wie von selbst. Die 130 Helfer, Organisatoren und Aufpasser werden aus der Schar der Trekkies rekrutiert – und betreiben ihren Job deshalb natürlich ehrenamtlich. Oliver Rahayel

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