Hanau: Atommüll raus oder rein?

Siemens will 23 Tonnen Uran und Plutonium aus Hanau „auf dem Landweg“ nach Sellafield und La Hague schaffen. Bürgerinitiative möchte Plutonium in Hanau behalten  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main/Berlin (taz) – Die Castor kommen – demnächst möglicherweise auch aus Hanau. Auf dem Landweg will die Weltfirma Siemens nämlich die noch in der MOX-Altanlage in Hanau lagernden rund 23 Tonnen Spaltmaterial, darunter 2,4 Tonnen Plutonium, nach La Hague in Frankreich und Sellafield in England schaffen lassen: Plutoniumtransporte auch durch den Eurotunnel auf die britische Insel.

Renate Gunzenhauser, Sprecherin im hessischen Ministerium für Jugend, Familie, Gesundheit, Umwelt und Energie, bestätigte am Wochenende, daß ein entsprechender Antrag von Siemens in Wiesbaden vorliege. Doch eine Entscheidung steht nicht unmittelbar an. Vielmehr will die amtierende Umweltministerin Margarethe Nimsch (Bündnisgrüne) im Herbst zunächst eine öffentliche Anhörung über die geplanten Transporte abhalten.

Eduard Bernhard von der Initiative Umweltschutz Hanau (IUH) und dem Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) möchte dabei auch prüfen, ob es nicht sinnvoller wäre, die Spaltmaterialien im sogenannten Bundesbunker in Hanau zwischenzulagern, anstatt sie quer durch Westeuropa zu karren. Wenn Siemens aus dem noch in der MOX- Altanlage lagernden Plutonium in La Hague oder Sellafield wieder MOX-Brennelemente fertigen lassen wolle, stoße das ohnehin auf den Widerstand der Bürgerinitiativen.

In Gundremmingen bereiteten sich derweil Atomkraftgegner auf die Blockade eines weiteren Atommülltransports aus dem dortigen Atomkraftwerk nach Sellafield in Großbritannien vor. Die Mahnwache Gundremmingen will den Transport heute vor dem Atomkraftwerk blockieren. Außerdem sind nach Angaben der Atomkraftgegner Aktionen in Ulm und Saarbrücken geplant.

In Würgassen hat die Polizei am Wochenende eine Blockade von Greenpeace aufgehoben. Die Umweltschützer hatten dagegen protestiert, daß abgebrannte Brennelemente aus dem stillgelegten Atomkraftwerk weiterhin ins französische La Hague zur Wiederaufarbeitung transportiert werden. 41 Protestler wurden vorübergehend festgenommen, ein Gleisstück wurde herausgetrennt, um vier Protestler, die sich angeschweißt hatten, abführen zu können.

Die Betreiberin des Kraftwerks, PreussenElektra, argumentiert, daß ohne den Abtransport der abgebrannten Brennelemente das Atomkraftwerk nicht wie geplant abgerissen werden könne. Greenpeace hingegen befürchtet bei der Wiederaufarbeitung in Frankreich die Entstehung großer Mengen zusätzlichen Atommülls – er solle daher besser am Ort bleiben.