Dieter Dehm soll Sitz im Römer räumen

■ SPD will, daß mutmaßlicher Ex-Stasi-Spitzel den Magistrat vorzeitig verläßt

Frankfurt/Main (taz) – Die SPD in Frankfurt hat die Faxen dicke: Schon auf der nächsten Plenarsitzung im Römer wird Fraktionschef Günther Dürr einen Antrag auf Abwahl von Dieter Dehm (SPD) aus dem Magistrat der Stadt vorlegen. Denn Dehm, der unter dem Verdacht steht, in den 70er Jahren ein Spitzel der Staatssicherheit der DDR gewesen zu sein, hatte noch am Freitag erklärt, „zu diesem Zeitpunkt“ nicht freiwillig aus dem Amt scheiden zu wollen.

Der Abwahlantrag könne nicht als „Vorverurteilung“ von Dehm interpretiert werden, meinte die Kreisvorsitzende Rita Streb- Heese nach der Entscheidung der Parteispitze vom Wochenende. Mit dem Abwahlantrag wolle die SPD lediglich die Mehrheitsverhältnisse im Magistrat erhalten, denn Dehm selbst habe ausgeführt, daß er sein Amt für die Dauer der parteiinternen und der externen Untersuchungen gegen ihn „ruhen“ lassen wolle.

Zuvor schon hatte der ehrenamtliche Stadtrat für multikulturelle Angelegenheiten, Dany Cohn-Bendit (Bündnisgrüne), erklärt, daß er an keiner Magistratssitzung mehr teilnehmen werde, bei der Dehm mit am Tisch sitzt.

Dehm selbst blieb auch bei der Anhörung durch die Parteispitze bei seiner Version, wonach er vom MfS nur als Quelle „abgeschöpft“ worden sei. Die „Kampagne“ gegen ihn sei lediglich ein „schmutziger Trick“ vor allem der Konservativen. Sie wollten damit im kommenden Bundestagswahlkampf den von ihnen praktizierten sozialen Kahlschlag mit einer Debatte über eine angebliche Zusammenarbeit von Sozialdemokraten mit dem MfS „überdecken“.

In der Tat kursieren in Frankfurt Gerüchte, wonach auch andere Sozialdemokraten in den 70er Jahren Kontakte zu Mielkes Truppe unterhalten haben sollen.

Gab es mehrere MfS- Informanten am Main?

In einem offenen Brief an Streb- Heese wies die Ex-Kreisvorsitzende Anita Breithaupt solche unbewiesenen Behauptungen schroff zurück. Sie räumte allerdings ein, daß „die Themen dieser Zeit und die innerparteilichen Auseinandersetzungen“ auch interessant für die DDR gewesen sind. Wie sehr, beweise alleine schon die „Stasi- Akte“ von Dehm.

Der Versuch von Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), Dieter Dehm über eine „dienstaufsichtliche Maßnahme“ durch den hessischen Innenminister Gerhard Bökel (SPD) aus dem Magistrat kicken zu lassen, ist dagegen gescheitert. In einem Schreiben an die „verehrte Frau Roth“ vom vergangenen Freitag erklärt Bökel, daß er gegen Dehm nicht kommunal aufsichtsrechtlich vorgehen könne, weil sich dessen mögliche geheimdienstliche Tätigkeit auf Zeiträume vor dem Jahr 1993 beziehe. Und da sei Dehm noch nicht Stadtrat in Frankfurt gewesen.

Dies gelte auch für den gegen Dehm bestehenden „Verdacht auf falsche eidesstattliche Versicherung“, die er im Jahre 1990 abgab. Diese sei inzwischen „verjährt“. Damals hatte Dehm erklärt, niemals für die Staatssicherheit der DDR gearbeitet zu haben. Diese Behauptung steht allerdings im Widerspruch zu einer Erklärung von Wolf Biermann. Dehm, so der Liedermacher, habe sich ihm schon vor Jahren „offenbart“. Klaus-Peter Klingelschmitt