„Leeber een lüttjen Herrn as ...“

■ Seit 550 Jahren plagt sich Hamburg mit Finkenwerder – ein Grund zum Feiern

Menschen, die sich auf der Straße auf platt unterhalten, Rentnerpärchen, die Händchen haltend durch die Einkaufspassage schlendern: Finkenwerder hat sich etwas von seinem ursprünglichen Charme als Fischerdorf bewahrt. Vom 15. bis zum 19. Mai feiert die Elbinsel ihre 550jährige Zugehörigkeit zu Hamburg.

1446 erwarb die Hansestadt vom Grafen Otto II. von Holstein und Schauenburg den nördlichen Teil Finkenwerders. Aus Geldnot vernachlässigte die Stadt im 15. Jahrhundert allerdings ihren Vorposten an der Süderelbe immer mehr: 1486 wurden die Gelder für Deicharbeiten gestrichen, von 1521 bis 1562 stellte sie ihre Ausgaben für Finkenwerder völlig ein. Erst im 17. Jahrhundert wurde die Insel eingedeicht.

Anfang des 18. Jahrhunderts galt Finkenwerder als „Plage der Stadt Hamburg“. Denn die BewohnerInnen waren eigensinnig und wollten sich selbst ihrer Verpflichtung zur Deichwartung nur schwerlich unterwerfen: „Leeber een lüttjen Herrn as een groten Knecht“ lautete ihr Grundsatz. Als sichtbares Zeichen für diese Einstellung nahmen die Finkenwerder Männer nie ihre Mütze ab. Auch die Emanzipation war auf der Elbinsel weit fortgeschritten: Ehefrauen behielten ihre Mädchennamen. Wenn sich eine Ehefrau als tüchtiger erwies als ihr Mann, erhielten die Kinder den Nachnamen der Mutter. Dieser herrschaftsfreie Geist machte es auch der Kirche nicht leicht, in Finkenwerder Fuß zu fassen.

1929 wurde mit der Brücke nach Altenwerder die erste Straßenverbindung zum Festland geschaffen. Durch das Großhamburg-Gesetz von 1937 wurde auch der mittlerweile preußische Teil Finkenwerders Hamburg zugeschlagen. Bis zur endgültigen Integration in die Großstadt vergingen aber weitere Jahre: Erst 1952 entstand die erste Busverbindung zwischen Hamburg und Finkenwerder. Mit dem Bau der Köhlbrandbrücke 1974 und der Eröffnung des neuen Elbtunnels 1975 war es mit dem Inselstatus endgültig vorbei. Der festliche Höhepunkt des Jahres war von jeher der Finkenwerder Markt, auch „Karkmeß“ genannt. Unter diesem Motto steht auch das Volksfest, das ab Mittwoch am Kutterhafen und Steendiek mit norddeutscher Musik, bunter Meile und eigener Währung, dem „Finkenwärder Schullen“, um 15 Uhr eröffnet wird. Das Jubiläum endet am Sonntag mit einem Flohmarkt auf dem Festplatz. Sonja Schmitt