Shakespeare kommt inne Puschen

■ Der „Sommernachtstraum“ geistert in doppelter Ausführung durch die Bremer Theater – herzhaft bis herzergreifend

Eigentlich ist das Monopol ja schon vergeben. Nach XX Jahren Shakeapeare Company könnte man meinen, Bremen habe sich satt gesehen an dem elisabethanischen Meister. Schließlich führt man am Leibnizplatz nicht nur wieder und wieder die Stücke des englischen Autors auf. Auch schien die definitive Lösung gefunden, mit dem Anspruch, den einzig wahren, weil nach altem originalen Rezept inszenierten Volkstheater-Schriftsteller, auf die Bühne zu bringen. Shakespeare ist Volkstheater und sonst gar nichts, dachte man an der Weser.

Nun aber sind in Bremen plötzlich ganz andere Seiten an Shakespearezu entdecken. Sowohl das Waldau-Theater, als auch das Theater am Goetheplatz beenden die Spielzeit mit Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“. Zu sehen sind zwei völlig unterschiedlichen Inszenierungen, die dem vermendlich bekannten Shakespeare neuue Facetten abgewinnen.

Plattes vom Fischer un sin Fru

Sogar Plattdeutsches ist herauszuholen: „Kommt inne Puschen“ ermahnt der Handwerker Nick Zettel seinen Kollegen. Für Sekunden wird durch die Regie von Klaus Helfrich aus Shakespeare wird ein hemdsärmliger und strammwadiger Vulkanese.

Hier brilliert das Quintett um Heino Stichweh. In blaugrundigen Fischerhemden und mit den typischen schweren Schürzen bewehrt debattieren die Schauspieler auf niederdeutsch. Wie soll amn denn die Aufführung bei Hofe von „Phyramus und Thisbe“ inszenieren? Wenn der Speeldeel grüßenläßt wir es einfach urkomisch. Natürlich will keiner der Männer der Faust eine Frauenrolle spielen oder gar die Mutter der Thisbe. So geht schon die Besetzung mit viel plattdeutschem Gemähre über die Bühne. So kommt Shakespeares Idee von den bewußte schlechten Schauspielern erst richtig Pfeffer. Selbstverständlich spottet die Aufführug jeglicher Beschreibung. Auf plattdeutsch wirkt diese liebevolle Enttarnung der Laienspieltruppe jedoch phasenweise wie ein selbstironischer Kommentar der niederdeutschen Schauspieler auf das eigenen Genre. Im Weiteren verschwendet man im Waldau Theater keine Energie mit Nebensächlichkeiten. Daß sowohl die Elfenwelt von Titania und Oberon, als auch die leicht pubertäre Verwirrung der Gefühle der Kinder aus der Athener Oberschicht dem niederdeutschen Ensemble nicht gerade entgegenkommen, scheint man geahnt zu haben. Und so spielt man sie schlicht vom Blatt weg. Hat man sich einmal an diesen boulevardhaften Shakespeare von der Marke „Futtern wie bei Muttern“ gewöhnt, versprüht er eine unfreiwillige Komik. Da stehen sich Theaseus, der Herzog von Athen und Hippolyta, als Königin der Amazonen gegenüber und man meint bei einer Karnevalsveranstaltung zu sein: Für Ihn zum vergoldeten Lorbeerkranz die weißen Leggins. Für Sie die glitzernde Variante des unkleidsamen Beinkleids, als wäre sie auf dem Weg in den Step-Aerobic-Kurs, zusätzlich tailliert durch einen Lackgürtel. Doch man nimmt sich nicht zu ernst. Das läßt sogar noch Raum für einen Puck, der hier von Andreas Lembcke gespielt wird und der ernsthafte Bewunderung für seine wilden Sprünge und Bühnenpräsenz verdient.

Liebespaare im Nebel

Ganz anders die Lage im Schauspielhaus. In der Inszenierung von Siegfried Bühr setzt man weniger auf den schrägen Effekt als den Grundstoffe des Theaters, die Schauspieler.

So bleiben alle drei Spielebenen in Shakespeares Komödie um die Verwirrung und Gewalt der Liebe erhalten. Und es gelingt sogar, was kaum noch zu erwarten war, aus den Liebesleiden der jugendlichen Paare sind noch Funken zu schlagen. Dabei hat man doch Verwechslungsgeschichten auf der Bühne schon zu hauf gesehen. Doch wie durch ein Wunder ist man vom Spiel auf der Bühne gebannt. Und man interessiert sich noch einmal dafür, ob nun Lysander (Sven Lehmann) nun Hermia (Katrin Heller) liebt. Oder er sich nach der Einträufelung von Pucks (Max Hopp in Höchstform) Liebestropfen für eine Mittsommernacht (23. auf 24. Juni) in Helena Susanne Schrader) verguckt, die bislang in Demetrius (Pierrre Besson) zugetan war. Zu verdanken ist das dem jungen Enseble das sich im Lauf der Spielzeit noch zu steigern vermochte und mittlerweile zu schauspielerischer Bestform aufgelaufen ist.

Neben der Grundhandlung sind auch die andern Aspekt von Shakespeares Stück gut ausbalanciert. Selbstverständlich genießen auch hier die Handwerker ihr Chance die ungeschicktesten Schauspieler der Welt zu geben. Eine Komikernummer bei der der Kegelverein auf die Rampe steigt. Filigran dagegen die szenen aus dem Elfenreich. Hier gelingt es mit verfremdender Maske (Rabi Akil) eine Zauberwelt zu entwerfen, die nicht nur mit Theater nebel in eine andere Welt entrückt. Um die Distanz zu dem Erdengetümmel deutlich zu machen, sprechen die Figuren der Waldwelt ihre Zaubersprüche im original Shakespearsches Englisch. So entstehet eien herzhaften Kontrast zu der sehr gegenwärtigen und durchaus zottigen Übersetzung von Frank Günther. Eine einleuchtende Strategie. Umso verblüffender allerdings, daß sich gerade hier die Parallele zum Waldau-Theater findet. Denn so unterschiedlich die Konzepte der Sommernächte sind. Beide Shakespeareinszenierungen schöpfen aus dem Vollen. Die reiche Sprache des Elisabethaners provoziert die Lust am kreativen Experiment mit der Sprache. Einmal heißt die Lösung: Niederdeutsch und das andere mal elisabethanisches Englisch. Der Meister hätte es gutgehießen, der wechstle zwischen Pros und Reimform. Susanne Raubold

Nächste Aufführung im Waldau Theater: 17. 5. 20 Uhr

im Schauspielhaus: 14. 15. 23. und 25. um 20 Uhr