■ Deutsch-kurdischer Freundschaftsverein verboten
: Auch stumpfe Waffen sind gefährlich

Vereinsverbote nutzen nichts. Darin sind sich bundesweit auch die Experten in den Sicherheitsbehörden einig, die seit Jahr und Tag gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK mit allen Mitteln der Repression zu Felde ziehen. Das Verbot der PKK und ihr angeblich nahestehender Vereine im November 1993 löste im Gegenteil unter den in Deutschland lebenden Kurden eine beispiellose Sympathiewelle aus. 50.000 PKK-SympathisantInnen zählt heute der Verfassungsschutz. Das sind doppelt so viele wie in der Zeit vor den Vereinsverboten. Auch die Zahl der treuen PKK-Aktivisten ist nach Regierungsangaben 18 Monate nach dem Verbot um 1.400 auf rund 8.300 gestiegen. Die Verbotsverfügungen bewirkten offenbar nur, daß die hiesigen Kurden die PKK weniger als terroristische Organisation denn als Opfer einer antikurdischen Politik der Bundesregierung wahrnehmen.

Bis gestern schien es nun, als wolle die Bonner Politik den Tatsachen klammheimlich Rechnung tragen. Überraschend hat Innenminister Manfred Kanther im April eine ganze Reihe der von ihm verfügten Verbote aufgehoben. Der Schritt war um so erstaunlicher, als sich kurz zuvor militante Kurden an den Grenzübergängen mit der Polizei stundenlange Straßenschlachten geliefert hatten. Kanther tat dies auch trotz aller verbalen Attacken des PKK-Chefs Abdullah Öcalan, der die Bundesrepublik zum „Kriegsgegner Nummer zwei“ erklärt hatte.

Formal begründete der Innenminister sein Vorgehen mit der originären Zuständigkeit der Bundesländer in der Frage der Organisationsverbote. Kohls Mann für die Innere Sicherheit forderte die Länder auf, den betreffenden Vereinen nun in eigener Regie jedwede Tätigkeit umgehend zu untersagen. Den Worten folgten aber keine Taten: Bis zum gestrigen Tag ist keines der Bundesländer Kanthers Aufforderung nachgekommen. Über Nacht verschwand statt dessen das „Kurdenproblem“ aus der öffentlichen Wahrnehmung, auch gab es seither keine weiteren Ausschreitungen. Und zuletzt verkündete PKK-Chef Öcalan vor einer Woche im deutschen Fernsehen sogar, er werde Gewalttätigkeiten seiner Anhänger in der Bundesrepublik unterbinden. Zufall oder Ergebnis einer stillen Diplomatie – wünschenswert ist das Ergebnis auf jeden Fall. Aber genau das stellt das Vorgehen der Stuttgarter Landesregierung mit dem Verbot eines deutsch-kurdischen Freundschaftsvereins jetzt wieder in Frage. Wolfgang Gast