Israel hat die Wahl

■ In drei Wochen wird über Parlament und den Regierungschef entschieden

Tel Aviv (taz) – Drei Wochen vor den Knessetwahlen am 29. Mai hat der israelische Wahlkampf jetzt richtig begonnen. 21 Listen buhlen um die Wählergunst. Die ersten Wahlspots über Fernsehen und Radio wurden von Listenführern, Werbefirmen und dem angesprochenen Publikum bewertet, als handele es sich um eine Art Generalprobe für ein Pferderennen oder die Wahl der Schönheitskönigin.

Im Zentrum stehen natürlich die beiden Kandidaten für das Amt des Regierungschefs. Erstmalig wird er von der Wählerschaft separat und direkt auserkoren und ist nicht – wie bisher – einfach Spitzenkandidat der gewinnenden Parteiliste. Ebenfalls neu sind seine stark erweiterten Machtbefugnisse: sie kommen denen eines US- amerikanischen Präsidenten nahe. Deshalb konzentriert sich dieses Mal der Wahlkampf auch auf ein Wettrennen zwischen dem gegenwärtigen Ministerpräsidenten Schimon Peres (Arbeitspartei) und seinen Rivalen Benjamin Netanjahu (Likud).

Parteiprogramme, die in Israel in der Vergangenheit besonders ernst genommen wurden, spielen dabei kaum eine Rolle mehr. Wie anderswo werden jetzt Politiker vermarktet, ihr von Experten sorgfältig ausgearbeitetes Image nach US-Vorbild verkauft. Auch die Parteien vermarkten ihr Bild mittels von in- und ausländischen Spezialfirmen erdachten Kurzformeln – Jingles und Stickers inbegriffen.

„Ich bin sicher mit Netanjahu“, „Nur Sicherheit bringt Frieden“ (Likud) – „Israel ist stark mit Peres“ und nur „Ein starkes Volk macht Frieden“ (Arbeitspartei) – „Mit dem nationalen Lager bin ich sicher“, „Das was ist, ist kein Frieden“ (Likud). Das sind die weitverbreitetsten Wahlparolen. Läßt man die dazugehörigen Namen und Porträts weg, sind sie zumeist austauschbar. In der Landschaft, neben den Autostraßen stehen noch mehr Parolen auf postmodernen Plakaten: „Für Frieden“ oder für ein „starkes Volk, das Frieden macht“, die es jedem ermöglichen, die eigenen Parteipräferenzen hineinzuphantasieren.

Bei diesem Spiel soll der Wähler entscheiden, wer ihm glaubwürdiger scheint: entweder Peres, der auftritt, als wäre er der Vertreter des Likud, oder Natanjahu in der Maske eines Führers der Arbeitspartei. Die Wahlexperten der „Großen“ tappen oft sichtlich im dunkeln – bei ihrer Konvergenz zur Mitte eines Teichs, aus der beide Seiten die immer noch unentschiedenen Wähler (angeblich die entscheidenden 8 Prozent) zu angeln versuchen.

Gegenwärtig führt Peres vor Natanjahu mit einer ungefähr fünfprozentigen Mehrheit. Aber im großen und ganzen bleibt die israelische Bevölkerung in der Mitte gespalten – zwischen rechter oder rechtsreligiöser Opposition und den zu Peres stehenden Koalitionsparteien und ihren vielen Mitläufern, die oft weniger Sympathien für Peres und seine Partei haben als Angst vor einem Sieg des Likud. Amos Wollin