■ Mit Einsparungen auf du und du
: Der Milliardenhebel

Berlin (taz/AP) – Wenn Waigel in diesem Jahr noch einmal geschätzte 27 Milliarden Mark weniger an Steuern einnimmt, als er eigentlich auf seinen diversen Konten bräuchte, heißt es sparen. Und da kann Deutschlands oberster Kassier auf das Konsolidierungsprogramm der Bundesregierung verweisen – jenes Arsenal des Schreckens, daß unter dem Namen „Wirtschafts- und Beschäftigungsförderungsgesetz“ in den letzten Wochen im Kanzleramt geschnürt wurde.

Je 25 Milliarden Mark sollen der Bund, Länder und Gemeinden sowie die Sozialversicherer pro Jahr einsparen. Der Lohnstopp im öffentlichen Dienst soll 1997 drei Milliarden Mark bringen. Acht Milliarden spart die Bundesanstalt für Arbeit, weil das Arbeitslosengeld im nächsten Jahr nicht erhöht wird, zwei weitere Milliarden durch den Stopp der Arbeitslosenhilfe nach fünf Jahren. Drei Milliarden zwackt Waigel den Familien ab, wenn die Erhöhung des Kindergelds um 20 Mark erst Anfang 1998 statt 1997 stattfindet. Um die insgesamt 25 Milliarden einzusparen, werden quer duch alle Ressorts weitere sieben Milliarden gestrichen.

32 Milliarden Mark sparen die Rentenversicherer bei Arbeitern und Angestellten bis zum Jahr 2000, heißt es im neuen Gesetz. Die Differenz zwischen eingezahlten Beiträgen und ausgezahltem Altersgeld wird dadurch kleiner, der Bund muß dadurch nach eigenen Berechnungen 6,3 Milliarden weniger an Zuschüssen zahlen, im nächsten Jahr allein zwei Milliarden. Das ist zwar auch kein Pappenstiel, aber am längeren Finanzhebel sitzen die diejenigen, die derzeit die Rentenbeiträge bezahlen: Arbeitgeber und ihre Beschäftigten. Sie sparen je die Hälfte des Gesamtbetrags von 32 Milliarden. die Arbeitnehmer allerdings nur solange, bis sie selbst Rente bekommen. Dann nämlich kriegen sie selber weniger.

Um wieviel Milliarden Mark das Haushaltsdefizit durch das 25-Milliarden-Sparpaket pro Jahr letztendlich niedriger wird, ist eine ganz andere Frage. Einerseits haben die Menschen, bei denen eingespart wird, dadurch weniger Geld. Sie konsumieren weniger, was sich wieder über Mindereinnahmen bei der Mehrwertsteuer und den Gewinnsteuern der Unternehmen im Bundessäckel bemerkbar macht. Durch weniger Geld im Krankheitsfall gehen auch die Bruttolöhne und damit die Einkommenssteuer nach unten. Außerdem sinkt nach gängigen Wirtschaftstheorien mit fallendem Konsum die Zahl der Menschen, die überhaupt Arbeit haben. Wie das Gesetz aus dem Kanzleramt für die Beschäftigung positiv wirken soll, bleibt unklar. rem