: Coole Deals mit Sony
■ Die Kölner Kulturdezernentin Kathinka Dittrich zeigte den Bremern, wie ihre Stadt zu Geld kommt
„Abenteuerlich unterschiedlich“ zu Bremen schien Rainer Koettgen, dem hiesigen Hauptabteilungsleiter Kultur, was Dr. Kathinka Dittrich, Kulturdezernentin aus Köln, vorzubringen hatte. Verblüfftes Staunen herrschte vorgestern abend im kleinen Kreis der Interessierten, die zum Thema „kulturpolitischer Gestaltungswille und öffentliche Armut“ ins Bremer Theater gekommen waren. Und Thomas Deecke vom Neuen Museum Weserburg fragte fassungslos nach: „Sie haben tatsächlich mit den einzelnen Institutionen gesprochen, bevor Sie Ihnen die Sparquoten ins Haus schickten?“ Allen Beteiligten war klar, daß in Bremen solche Umgangsformen nicht üblich sind. Auf Anhieb machte die kämpferisch-idealistische Kulturdezernentin deutlich, wie sehr das kulturpolitische Klima einer Stadt abhängt von der Person der Kultursenatorin und ihrem Verantwortungsgefühl.
Dr. Kathinka Dittrich scheint dies entwickelt zu haben. Seit 30 Jahren ist sie in der Kulturpolitik tätig, 27 Jahre davon als Direktorin verschiedener Goethe-Institute. Nach ihren Aufenthalten in Japan, New York, Amsterdam und Moskau habe sie sich einen Instinkt antrainiert, sagt die als eigenwillig bekannte Politikerin: „Ich lande gewissermaßen mit dem Helikopter und versuche mich zu orientieren, wo ich bin.“ In Köln sei die Situation schnell zu erfassen gewesen: Eine sinnenfrohe, katholische Stadt, in der die Bürger sich sehr mit der Kultur identifizieren. Deutlicher könne man den Unterschied zu Bremen kaum charakterisieren, war auch die Meinung des Publikums.
Abgesehen davon seien die Bedingungen in Köln denen in Bremen zum Verwechseln ähnlich. Umso unterschiedlicher allerdings die Herangehensweise der Kulturdezernentin in Köln. Sie argumentiert positiv: Kultur ist für Dittrich nicht nur Geldfresser, der unterstützt werden will, sondern schafft auch einen Markt, in dem 40.000 Menschen in Köln ihren Arbeitsplatz haben. Ebenso unerschöpflich wie ihr Engagement in Sachen Kultur scheint Dittrichs Einfallsreichtum: Mit dem Stadtkämmerer müsse man „ganz cool ökonomisch“ argumentieren. „Wenn man denen mit der Rechnung kommt, daß ihre Kürzungen zu weiteren Verlusten führen, dann verstehen sie das. Wenn das Museum nur von 11 bis 16 Uhr geöffnet ist, dann gehen die Eintrittsgelder zurück. Das ist unsinnig.“ Mit diesem Resümee habe sie beim Finanzausschuß Einsicht gefunden.
Von zentraler Wichtigkeit ihr Engagement für Sponsoren. Die Kulturdezernentin findet es selbstverständlich, daß sie sich selbst um Geld aus der Wirtschaft bemüht und so die Löcher in den leeren öffentlichen Kassen wieder stopft. Neulich habe sie mit einem netten Herrn von Sony beim Mittagessen gesessen, um ihm 400.000 Mark für eine Videoüberwachungsanlage für das Ostasiatische Museum aus den Rippen zu leiern. „Ein ganz schön teures Mittagessen“, habe sich der Tischgenosse beschwert. „Da hab ich ihn eingeladen,“ freut sich noch heute die Kulturdezernentin über ihren Coup. rau
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