Vom linken Reformprojekt entfernt

■ Erste öffentliche Gesprächsrunde zwischen Bündnisgrünen und PDS. Für den Erhalt des vom Abriß bedrohten Palastes der Republik waren alle. Damit aber erschöpften sich schon die Gemeinsamkeiten

Die Veranstaltung am Montag abend in der Humboldt Universität war geschichtsträchtig. Erstmals trafen sich Vertreter von PDS und Bündnisgrünen zum öffentlichen inneroppositionellen Dialog, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Landespolitik zu sondieren.

Schon im Februar hatten sich beide Parteien auf die Gesprächsrunden verständigt, doch um Details rankten sich lange bilaterale Verhandlungen. Die Bündnisgrünen wollten gerne im Ostteil über Verkehrspolitik diskutieren, um die PDS an ihrer Basis zu entzaubern. Dagegen hatte die PDS darauf gedrängt, im Westteil über Elemente einer gemeinsamen oppositionellen Haushaltspolitik zu streiten. Schließlich einigten sich beide Seiten, um am Anfang des Dialogs die Emotionen im Zaum zu halten, auf ein auf den ersten Blick unverfängliches Thema: den Palast der Republik und seine Funktion als Ort der Propaganda beziehungsweise kulturellen Begegnung.

In der Sache waren sich die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau und der PDS-Fraktionsvorsitzende Harald Wolf auf der einen sowie die Bündnisgrüne Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz und die Abgeordnete Renate Künast auf der andern Seite schnell einig. Der Palast der Republik müsse erhalten werden, als Ort der Begegnung im Zentrum der Deutschen Hauptstadt. Doch bei der historischen Bewertung des Gebäudes offenbarten sich schnell die Meinungsverschiedenheiten. Denn längst, so die Ostberlinerin Klotz, sei der Palast der Republik „ein Symbol für DDR-Identität“.

Zwischen der Würdigung des Palastes als „Haus des Volkes“ durch Petra Pau und dem Plädoyer von Renate Künast, mit dem Gebäude dürfe nicht die DDR aus dem Stadtbild getilgt werden, lagen gleichzeitig Welten. Eine Stadt müsse sich, so die bündnisgrüne Politikerin, an alle Teile ihrer Geschichte erinnern. Klotz rief ins Gedächtnis, daß Zensur im Palast der Republik an der Tagesordnung war. Jeder Beitrag, der dort aufgeführt wurde, habe als Teil der staatlichen Kulturpolitik zuvor an höherer Stelle genehmigt werden müssen. Harald Wolf mochte diese Diskussion nicht deckeln, räumte ein, daß sich seine Partei damit schwertue. Vor allem aber hatte der Ex-Aler und Westler Wolf den Blick nach vorne gerichtet. Schnell hatte die Diskussion ihr eigentliches Thema gefunden: Wie komme die Linke in der Hauptstadt zu einem „Reformprojekt“, das in der Mehrheit der Bevölkerung auf Akzeptanz stößt?

„Ich möchte nicht das Glaubwürdigkeitsdefizit der PDS an mir kleben haben“, plädierte Künast für Zurückhaltung bei der Zusammenarbeit. Bis aus der rechnerischen Mehrheit links von der Union eine politische werden könnte, scheint es noch ein weiter Weg zu sein. Der öffentliche Dialog zwischen Bündnisgrünen und PDS soll im Juni fortgesetzt werden. Den genauen Termin, den Ort und das Thema müssen Delegationen beider Parteien noch verhandeln. Christoph Seils