„EU-Auflagen sind überflüssig“

■ Reinhard Schrieber, Vorsitzender der „Gelatine Manufacturers of Europe“, zur geplanten Aufhebung des Gelatine-Exportverbots

Brüssel (taz) – Die EU-Kommission schlägt vor, britische Gelatine und andere „Rindernebenprodukte“ vom BSE-bedingten Exportverbot auszunehmen. Bedingung: Bei der Produktion müssen bestimmte „von Wissenschaftlern erarbeitete Maßnahmen“ beachtet werden (siehe taz vom 9. 5. 96). Der ständige Veterinärausschuß, in dem alle Mitgliedstaaten vertreten sind, will heute darüber entscheiden.

taz: Was müßten die britischen Gelatinehersteller bei der Produktion ändern, um die Bedingungen der Kommission zu erfüllen?

Schrieber: Nichts.

Säure, Alkali und Erhitzen, das wird alles schon gemacht?

Ja. Die Kommission beschreibt nur den Stand der Technik.

Vielleicht halten manche Hersteller den Stand der Technik einfach nicht ein?

Man kann Speisegelatine gar nicht anders herstellen als von der Kommission beschrieben.

Die Kommission verlangt auch, daß bei der Produktion bestimmte Rindergewebe nicht benutzt werden dürfen, zum Beispiel Hirn, Rückenmark und Augen. Sind auch das überflüssige Auflagen?

Ja. Aus den von der Kommission aufgezählten Geweben kann man gar keine Gelatine herstellen, weil sie nicht genug Kollageneiweiß enthalten. Gelatine kann nur aus Knochen und Haut hergestellt werden.

Die Kommission verlangt von der britischen Regierung, daß die Behörden kontrollieren, ob diese „Auflagen“ eingehalten werden.

Das ist überflüssige Bürokratie.

Ist die Kommission schlicht unfähig, oder stecken andere Motive dahinter?

Die Politiker haben ein Exportverbot für Gelatine beschlossen. Man muß ihnen jetzt Brücken bauen, damit sie es wieder aufheben können.

Ihr Verband befürwortet also eine Aufhebung des Exportverbots?

Wir waren von Anfang an dagegen, weil der Produktionsprozeß Gefährdungen nach menschlichem Ermessen ausschließt.

Haben Sie nicht Angst, daß die Verbraucher das Vertrauen in gelatinehaltige Produkte wie Joghurt und Gummibärchen verlieren, wenn wieder britische Gelatine verarbeitet wird.

Nein, unsere Angst geht in die andere Richtung. Die Stigmatisierung der britischen Gelatine könnte bald auf Gelatine an sich durchschlagen. Deshalb ist es wichtig, daß sich die Erkenntnis durchsetzt, daß selbst britische Gelatine sicher ist.

Sie arbeiten für die Deutschen Gelatinefabriken in Eberbach/ Baden, die auch eine Tochter in Großbritannien haben. Erleichtert das die Solidarität?

Das hat damit nichts zu tun. Interview: Christian Rath