u„Ich bin ein Lindi“ – das Udo-Geburtstagskonzert in der Großen Freiheit

Das rechte Knie zuckte immer wieder nach oben. Udo Lindenberg ist der einzige Sänger, bei dem dieses Kniezucken aussieht, wie die gelungene Zusammenführung von einer Tanzbewegung mit einem Stolpern und einer cool gemeinten Selbstverteidigungsgeste.

Vor der Bühne der Großen Freiheit hatten sich am Dienstag abend zu 90 Prozent Fans versammelt, darunter viele, denen unter der Schirmmütze das Haar hervorwallte, welches ein bißchen „anarchistisch“ den Jeansjackenrücken in Richtung der Cowboystiefel herunterfloß. Sie erkannten in Lindenberg den Star mit Kumpelappeal und den anderen, okayeren Udo, der die Herzen ohne Schlagergesinge gewinnt. Lindenberg, die Hamburger Konsensfigur, welche es mit Hans Albers, Uwe Seeler, Heidi Kabel, Max Brauer oder Hein Kieker aufnehmen kann.

Aus seinem Gesang, dem immer noch schnöseligen, anti-kammersängerhaften Bänkel-Vokalismus, ließ sich ohne Anstrengung heraushören, wie der Sänger irgendwann zur Unperson auf Plattentellern geworden ist: er singt immer noch wie die Galionsfigur derjenigen, die alles „ganz locker sehen“. Und kaum jemand schreibt sich bis heute in einem Konzert so unwidersprochen alles, alles auf die Fahne, wie Lindenberg.

Die euphorischen Reaktionen bei Lindenbergs Konzert bezeichneten verallgemeinert einen veränderten gesellschaftlichen Akzent. Denn ihm gilt das Interessen nicht nur, weil er lange und trotz der an ihm geübten Kritik dabeigeblieben ist. Was zählt ist, daß Lindenberg wieder an dem Platz auftauchen konnte, an dem er sich auch vorher schon (auf-)gehalten hatte. Bloß bleiben wollen. Anders gesagt: Man möchte bleiben, um bleiben zu dürfen. Und klatscht und johlt und klatscht deshalb immer länger.

Kristof Schreuf/Foto: jms