Saitenweise Sounds

■ Die MIB-Improvisationen boten ein Gitarren – Special

Ein spannendes Aufeinandertreffen unterschiedlicher Charaktere und Herangehensweisen gab es am Dienstagabend bei den Improvisationen zu beobachten. Neben dem US-amerikanischen Gitarristen Roger Kleier und dem Bremer Hainer Wörmann war mit Erhard Hirt einer der profiliertesten improvisierenden Gitarristen Deutschlands zu hören. Zunächst entwickelte der zur Zeit in New York lebende Roger Kleier seine improvisatorischen Ideen solistisch. Die sind im wesentlichen sound-orientiert, nicht auf die Ballung geräuschiger Effekte beschränkt. Kleier scheut auch vor harmonischen Strukturen nicht zurück. Er bettet häufig kurze thematische Figuren in Sound- und Geräuschsequenzen ein, läßt seine Gitarre auch mal in Rock-, Metal- oder Country-Idiomen sprechen. Oft arbeitet er dabei mit elektronischen Verdoppelungseffekten, während eine zuerst gespielte Tonfolge weiterläuft, setzt er eine zweite, manchmal gegenläufige darüber. So schichtet er verschiedene Soundebenen aufeinander, die teils miteinander verschmelzen, sich teils voneinander abgrenzen. Durch die Verbindung von elektrischer und mechanischer Verfremdung erzielt Kleier erstaunliche Effekte, kann gleichzeitig zu den Gitarrenakkorden perkussive Klänge erzeugen, indem er ein oder zwei Saiten wie metallische Klangkörper tönen läßt. Kleier, der in den USA schon mit namhaften Vertretern der Noise- und Avantgarde-Szene wie David Moss, Elliot Sharp oder Marc Ribot spielte, beeindruckte nicht zuletzt durch die Nachvollziehbarkeit seiner Ideen.

Mit Erhard Hirt und Hainer Wörmann traf er dann auf Gitarristen, die ihre Akzente etwas anders setzen. Wörmanns Spiel ist sehr stark geräuschorientiert. Er setzt vermittels diverser Verfremdungseffekte skurrile Tonfolgen, oft in stockendem Rhythmus. Hirt legt andrerseits das Schwergewicht auf die Produktion von Sounds. Er kontrastiert anschwellende Soundebenen, manchmal wie ein Synthesizer klingend, mit plötzlichen Brüchen, verfällt in leise, sparsame Einzeltöne. Das Zusammenspiel der drei Gitarristen war zu Beginn von der Suche nach gegenseitigen Anknüpfungspunkten geprägt, vieles stand eher nebeneinander. Zunehmend entwickelte sich aber ein Trialog, der seine stärksten Momente in den expressiveren Passagen hatte, wenn Soundebene auf Soundebene geschichtet wurde. Wie bei Erdverschiebungen kam es dann zu Überlagerungen und Einschließungen der verschiedenen Schichten, aber auch zum Aufbrechen der obersten Kruste. So zum Beispiel als alle drei den E-Bow, ein kleines Gerät zur Verlängerung der Saitenschwingungen, einsetzten und lange, anschwellende Sounds damit erzeugten.

Arnaud