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Große Koalition hat sich verkungelt

■ Kampfabstimmung über Vorsitzen des Rundfunkrats

Zum ersten Mal ein CDU-Mitglied an der Spitze des Radio-Bremen-Rundfunkrats, zum ersten Mal eine Frau – das ist das Ergebnis der ersten Sitzung des neuen Rundfunkrats, die am Mittwoch nachmittag in der Fernsehzentrale des Senders über die Bühne ging. Doch hinter den Kulissen spielte sich eine ganz andere Veranstaltung ab. Die hieß: Trotz aller Lippenbekenntnisse, daß die Parteipolitik aus den Aufsichtsgremien der Öffentlich-Rechtlichen herrausgehalten werden solle, versucht die Große Koalition zu kungeln, doch sie scheitert kläglich. Am Ende gab es doch ein Hauen und Stechen.

Die neue Chefin des Rundfunkrats heißt Roswitha Erlenwein (s. nebenstehender Kasten), und so hatten sich die Parteioberen Bernd Neumann (CDU) und Deltev Albers (SPD) das auch gedacht, hieß es gestern auf den Fluren (auch wenn Albers das heftig bestreitet: „Man hätte sich allerdings ein anderes Personalpaket vorstellen können.“). Erlenwein sollte Chefin werden, der frühere Rundkunkrats-chef Heinz Möller, im richtigen Leben Hauptgeschäftsführer der Arbeiterkammer, sollte auf den Posten des Vize gehievt werden. Nur scheiterte die Absprache am nachhaltigen Widerstand des SPD-Flügels im Rundfunkrat. Der hatte sich nämlich am Tag vor der Sitzung getroffen, und in diese Runde platzte die Nachricht von einer Absprache wie eine Bombe. Insbesondere die VertreterInnen der Gewerkschaften machten heftig Opposition gegen Erlenwein und für den Kollegen Möller. Der wollte auch keineswegs kampflos das Feld räumen.

So trudelte die Versammlung am Mittwoch auf eine Kampfabstimmung zu – mit flammenden Reden für beide KandidatInnen, dabei allerdings artigen Verbeugungen für die Arbeit der jeweils anderen. Wilhelm Tacke, der Vertreter der katholischen Kirche, wollte „den Wechsel“: daß erstens endlich einmal eine Frau an die Spitze des Gremiums gewählt würde und daß es zweitens „keine Erbhöfe“ geben dürfe. Das wiederum provozierte die Galeristin Katrin Rabus zu einer Gegenrede für Möller. Die Wahl dürfe nicht nach politischen Kriterien erfolgen. Der Sender habe schwere Zeiten zu überstehen, da sei Kontinuität wichtig.

Das Ergebnis: 19 Stimmen für Erlenwein, 15 für Möller. Und so sehr zuvor beschworen worden war, daß es kein politisches „Wir“ im Rundfunkrat geben dürfe – der SPD-Landesvorsitzende Albers ergriff sogleich das Wort: „Wir beantragen eine Auszeit“. Ein Dutzend SozialdemokratInnen und GewerkschafterInnen berieten, wen sie nun für den Stellvertreterposten ins Rennen schicken wollten. Sie fanden den SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Horst Isola, und der wurde mit einer überwältigenden Mehrheit auch gewählt. J.G.

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