Schwule Wikinger treffen Bayern

■ Das lesbisch-schwule Sportfest Eurogames begann mit einer bunten Parade. AthletInnen aus 540 europäischen Städten zogen über den Tauentzien. Cheerleader heizten mächtig ein

Nizza, Passau, St. Petersburg, Brüssel, Wuppertal und Montreal, lauter gelbe Städteschilder ragen aus dem bunten Umzug. Hinter dem Schild Oslo friert ein Grüppchen Wikinger, nur mit Leinensäcken bekleidet, Plastikhelme mit Hörnern auf dem Kopf. Dazwischen wuseln einige Bayern in Lederhosen und schwingen die blauweiße Rautenfahne. Wären da nicht die Cheerleader des schwulen Fußballvereins Startschuß aus Hamburg, hätte man die gestrige Eröffnungsparade der Eurogames mit dem Multikulti-Karneval verwechseln können. Zu dem lesbisch-schwulen Sportfest, das noch bis zum Sonntag dauert, sind 3.314 SportlerInnen aus 540 europäischen Städten und aus den USA und Kanada angereist.

Der 35jährige Johan aus dem belgischen Gent ist schon zum vierten Mal dabei. Er wird mit seinem Freund Bart das Doppel im Badminton bestreiten. Sie kommen wegen der „besonderen Atmosphäre“ zu den Eurogames. Paul aus Amsterdam hat die ganze Nacht im Bus verbracht. Er trainiert Karate beim Amsterdamer Sportverein Tijgertje, den Tigerchen, die gleich mit dreißig Sportlern antreten.

Conchotthocken steht auf einem Schild. Wo zum Teufel ist Conchotthocken? „Das ist ein kleiner Ort bei Philadelphia“, sagen die beiden Amerikanerinnen. Sie unterstützen die Eurogames als Kampfrichterinnen beim Karate. Für die Cheerleader haben sie nur ein Lächeln übrig. „Das ist was für Jungs“, sagen sie. Die Trashtunten von Startschuß sind entschieden geschmacklos aufgemacht. Ihre schwarz-gelb getigerten Miniröcke sind farblich abgestimmt auf die schwarzgelben Pompons. Dazu tragen sie froschgrüne Oberteile und Perücken. Statt Pompons wedeln einige auch mit bunten Staubfängern. Ihr Schlachtruf „Startschuß ist klasse. Immer geil und immer schwul“ dürfte jede gegnerische Mannschaft verschrecken.

Kurz bevor die Musikwagen der Eurogames-Parade an der Kreuzung vor der Urania ankommen, kommt es fast zu einem Zusammenprall zweier Welten. Ein mit Birkenzweigen geschmückter Lastwagen mit Neuköllner Sportsfreunden kreuzt den Zug. Auf der Ladefläche schwenken Männer in Vatertagslaune volle Bierkrüge. Wie die Eurogames-Wagen ist auch ihr Fahrzeug mit blauen und gelben Luftballons geschmückt, aber vor lauter Bierseligkeit merken sie das gar nicht. Für den Fall der Fälle hätten die Hamburger Cheerleader aber gezeigt, daß sie auch anders können. Wenn sie stimmgewaltig Oléoléoléolé singen, können sie mit jedem Hooligan mithalten. Dorothee Winden