Vom Tropf in die erste Bundesliga

Mühsam versucht die Bielefelder Arminia der zweiten Liga zu entrinnen  ■ Von der Alm Jörg Winterfeldt

Die Frage nach der Vergangenheit erfüllt Klaus Schlappner sichtbar mit Stolz. Redselig wird er da, beinahe pathetisch, als er sich an seinen letzten Besuch in Bielefeld erinnert. Zuletzt war Schlappner vor neun Jahren als Trainer einer Zweitliga-Auswahl zu Gast in Bielefeld gewesen, bei einem Wohltätigkeitsspiel, das er mitinitiiert hatte, um zu helfen, den Traditionsverein Arminia Bielefeld vor dem Konkurs zu retten. Nun, da der Klub „nicht mehr am Tropf“ (Schlappner), sondern, finanziell gesundet, in der Aufstiegsschneise zur ersten Bundesliga hängt, war Schlappner offenkundig froh, sich nicht ausführlich zum gerade erlebten 2:2 seiner Mannheimer auf der Alm äußern zu müssen.

Da ließ er seine Truppe 90 Minuten rustikal zulangen, weil er ausgemacht hatte, daß „in den Auswärtsspielen einiges zu reparieren“ war. Nicht einmal eine Halbzeit benötigten die Seinen, um sich auf Kosten von fünf gelben Karten gegen das elegante Bielefelder Kurzpaßspiel Respekt zu verschaffen. Den Höhepunkt setzte Innenverteidiger Enrico Barth nach 70 Minuten, als er, ungeahndet vom Schiedsrichter, dem einstigen Mannheimer Publikumsliebling und derzeitigen Arminen- Topscorer Fritz Walter bösartig den Ellbogen ins Gesicht rammte.

Zu dem Zeitpunkt war das Spiel längst gelaufen. „Frustrierend“ fand der Bielefelder Jörg Reeb, in Abwesenheit der verletzten von Heesen, Hobday und Maul unermüdlicher Antreiber im Mittelfeld, nach „zwei Fast-Eigentoren“ gegen eine Mannschaft mit 0:2 in Rückstand geraten zu sein, „die während des Spiels eigentlich keine Chance hatte“. Weil die Partie auf ein Tor in der Folge lediglich die Treffer von Studtrucker und Stratos noch in der ersten Halbzeit zur Folge hatte, verpaßten die Bielefelder zum wiederholten Male die Gelegenheit, sich auf einem Aufstiegsplatz von den Verfolgern entscheidend abzusetzen.

Die Mannschaft hat es dabei nicht einfach. Obwohl gerade erst aus der Regionalliga aufgestiegen, ist das Ensemble zu hochkarätig und die Spitzenpositionierung in der zweiten Liga inzwischen zu kontinuierlich, als daß die Region sich mit weniger als dem Aufstieg zufrieden geben würde. „Immer schon“, hadert Präsident Hans- Hermann Schwick, „sind wir der verhinderte Erstligist gewesen.“ Die 12.300 Zuschauer, die am Mittwoch kamen, wollen ab Herbst München und Mönchengladbach sehen, nicht noch mal Mannheim. Zudem weiß Schwick, „daß es im nächsten Jahr nicht einfacher wird, aufzusteigen“.

Für Klubs wie Bielefeld, Bochum oder Duisburg ist die zweite Liga eine undankbare Angelegenheit, weil die Fans eine längere Verweildauer mit Ignoranz strafen würden. Für den Bielefelder Manager Rüdiger Lamm „gehört Arminia auf Dauer in die erste Liga, um den Verein wirtschaftlich in den Griff zu kriegen“. Lamm vergleicht seinen Klub mit einem Wirtschaftsunternehmen, dem ein Auftrag über zehn Millionen Mark unterschriftsreif vorliegt. So viel, rechnet er, würde er in der Eliteliga durch Werbungs-, Zuschauer- und Fernsehgelder mehr umsetzen können, „und da mußt du zugreifen“. Bei Vereinen wie Meppen, Lübeck oder den gerade aufgestiegenen benachbarten Güterslohern hingegen „ist schon die zweite Liga wie die Champions League“.

Lamm ahnt jedoch auch, daß selbst er in Bielefeld noch für erstklassige Strukturen sorgen muß: Zwar hat der Rat der Stadt gerade die vom DFB geforderte Alm-Modernisierung beschlossen, doch ist dem Manager die Kapazität des Stadions mit knapp über 20.000 Zuschauern dann immer noch zu klein. „Im Schnitt müßten 30.000 erreicht werden können“, weiß Lamm, und „daß man dafür ein Stadion für etwa 50.000 Zuschauer braucht“. Dafür will er emsig direkt nach Saisonende alle Hebel in Bewegung setzen.

Im Prinzip zweifelt trotz der mühseligen Eichhörnchentaktik beim Punktesammeln in Bielefeld niemand so recht am Aufstieg, obwohl sie vorsichtig geworden sind. Da reicht es heute schon, daß Zwickaus 1:2-Niederlage in Nürnberg zur Halbzeit verkündet wird, um das Stadion jubeln zu lassen. Für die neue Saison haben die Bielefelder indes vielversprechende Akquisitionen getätigt: Die beiden Chemnitzer Meißner und Gerber werden kommen sowie Rob Maas von Feyenoord Rotterdam und Sonny Silooy von Ajax Amsterdam, die Niederländer allerdings nur im Aufstiegsfall, außerdem „mindestens noch ein Top-Stürmer“ (Schwick).

Rechtzeitig zur kommenden Spielzeit werden unterdessen die beiden Bielefelder StadtBlatt-Redakteure Jens Kirschneck und Klaus Linnenbrügger ihr Arminia- Buch „Hoffen und Bangen im Schatten der Alm“ auf den Markt bringen. Kühn hieß es da unlängst bereits in der Verlagsvorankündigung: „In einem grandiosen Durchmarsch hat die Mannschaft des traditionsreichen DSC Arminia Bielefeld den Sprung aus der Drittklassigkeit in die erste Bundesliga geschafft.“

SV Waldhof Mannheim: Langner - Köpper - Wagenhaus, Barth (74. Tzvetanov) - Luginger, Reichel, Dehoust, Hofmann (82. Zeyer), Scheuber - Kobylanski, Gunnlaugsson (74. Hayer)

Zuschauer: 10.000

Tore: 0:1 Dehoust (20.), 0:2 Luginger (30.), 1:2 Studtrucker (35.), 2:2 Stratos (40.)

Arminia Bielfeld: Stein - Stratos - Quallo (73. Vier), Voigt - Bode, Reeb, Eck, Molata, Germann (46. Tumani) - Studtrucker, Walter