: Grüne gegen Grüne
■ Koalitions-Vereinbarung mit der SPD stürzt Kieler Grüne in die Krise
Der Schnitt geht mitten durch die Öko-Partei, an eine Konsens-Entscheidung ist nicht zu denken. Wenn Schleswig-Holsteins Grüne heute über den Koalitionsvertrag mit der SPD diskutieren, ist der Streit programmiert. Die Kreisverbände Dithmarschen, Steinburg und Lübeck haben bereits angekündigt, gegen die rot-grüne Regierungsvereinbarung zu stimmen. Der Lübecker Grüne Günther Wosnitza: „Der Koalitionsvertrag ist in allen Punkten eine Katastrophe. Ein Haufen grüner Dilettanten hat der SPD kein einziges verbindliches Zugeständnis in einer wesentlichen Frage abgerungen.“
Besonders strittig sind die Vereinbarungen zum Bau der Ostseeautobahn A 20 und zur Energiepolitik. Wilhelm Mecklenburg, der für den Landesnaturschutzverband Rechts-Fragen der A 20 bearbeitet, spricht von einer „unveränderten Fortsetzung der bisherigen SPD-Planung“. Auch ohne gegen Bundesrecht zu verstoßen, hätten die Planungen für das westlich der A 1 verlaufende Autobahn-Teilstück auf Eis gelegt werden können.
Der grüne Brokdorf-Kläger Karsten Hinrichsen, selbst Mitglied der rot-grünen Verhandlungskommission Energie/Atomausstieg, kritisierte unterdessen, daß die Gespräche mit der SPD unter „dem Diktat der Koalitionswilligkeit“ gestanden hätten und es für „einen Atomausstieg in einer rot-grünen Koalition keine reelle Chance“ gäbe. Hinrichsen, der den grünen Energiefachmann Willi Voigt aufforderte, „nicht Staatssekretär für Energie unter einem SPD-Minister“ zu werden, kündigte intern seinen Parteiaustritt an, wenn der Vertragsentwurf abgesegnet und der Sozialdemokrat Claus Möller von den Grünen als Energieminister mitgetragen werde.
Die Koalitionsbefürworter innerhalb der Grünen versuchen dagegen mit einer Auflistung aller Punkte, in denen sie die Ziele der Öko-Partei im Koalitionsvertrag verwirklicht sehen, die eigene Parteibasis von der „deutlichen grünen Handschrift“ der Vereinbarung zu überzeugen. Danach sollen auf grüne Initiative hin 500 Millionen Mark in „neue reformpolitische Schwerpunkte“ fließen. Wer davon profitieren soll, steht ebenfalls in dem Papier: Schul-Kinder, Erwerbslose, Flüchtlinge, Einkommensschwache, Aids-Kranke, Ökolandwirte, Naturschützer und Frauen. Marco Carini
Siehe auch Bericht S. 1
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen