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Von Rio nach Köpenick

Was auf den globalen Klimagipfeln debattiert wird, muß regional umgesetzt werden. In Berlin werden mittlerweile erste kleine Schritte unternommen  ■ Von Falk Zielke

Die Städte wachsen. Das Ozonloch wird jedes Jahr größer und auch die Umweltprobleme werden nicht kleiner. Nur die Ressourcen gehen uns langsam aus. Spätestens seit der Umweltkonferenz der Vereinten Nationen von Rio de Janeiro 1992 ist klar: Wenn die Menschen weiter so leben wie bisher, bleibt für die nachkommenden Generationen nicht mehr viel übrig. Die Lösung heißt „Nachhaltige Entwicklung“.

„Die Brundtland-Kommission“, erläutert Professor Harald Spehl von der Universität Trier, „erklärt nachhaltige Entwicklung als eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht mehr befriedigen können.“ Auf der Umweltkonferenz in Rio machten sich die Vertreter von 178 Ländern für die Umsetzung dieses Zieles stark. Doch die Tagung ist lange vorbei. Wer sich wie und wo mit dem Thema beschäftigt hat, blieb bislang im Verborgenen.

Das soll sich jetzt ändern: Eine Kolloquiumsreihe an der Technischen Universität Berlin (TU) untersucht, wie sich die bisherigen Forschungsergebnisse zur nachhaltigen Entwicklung auf Regionen, und besonders auf Berlin und Brandenburg, beziehen lassen. „Es geht darum, Erfahrungen zu sammeln“, erklärt Karl-Herrmann Hübler, Professor am Institut für Management in der Umweltplanung an der TU. Die Reihe der wissenschaftlichen Gespräche ist in drei Blöcke unterteilt: die Beispiele, die Potentiale einer nachhaltigen Technikentwicklung in Berlin und Brandenburg und methodische Ansätze im Umwelt- Management.

Für Professor Spehl ist es höchste Zeit umzudenken. Gefördert von der Stiftung Rheinland-Pfalz für innovative Ideen, untersuchte er mit einem Team, wie man eine nachhaltige Regionalentwicklung im Raum Trier umsetzten kann. Das Projekt, genannt Naret, beschränkte sich bei seiner Forschung auf eine Produktlinienanalyse. Stark vereinfacht: Woher kommen regionale Produkte, wer verwendet sie und wer nicht. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Holz- und Landwirtschaft. Das Ergebnis: Trotz steigenden Wirtschaftswachstums gehen immer mehr Arbeitsplätze verloren. Um wirtschaftlich zu arbeiten, werden aus vielen kleinen Betrieben wenige große. Regionale Produkte gehen überwiegend in den Export. Die Folge sind massive ökologische Probleme. „Bisher war immer Wachstum die Lösung allen Übels“, erklärt Harald Spehl. „Doch eigentlich ist es die Ursache. Die neue Antwort muß Entwicklung heißen.“

Gemeinsam mit elf Forschern hat sich Spehl jetzt einem weiteren Projekt verschrieben. Der Arbeitskreis „Nachhaltige Raumentwicklung“ der Akademie für Raumforschung und Landesplanung der Uni Trier will jetzt am Beispiel Berlin untersuchen, welche Schritte gemacht werden müssen, um eine nachhaltige Entwicklung in Gang zu bringen.

Doch nicht nur in Trier beschäftigen sich Menschen mit der Umsetzung der Ziele von Rio. Auch die Berliner Bezirke arbeiten daran. Auf der Konferenz hatten die Umweltminister ein globales Aktionsprogramm für eine sozial gerechte und ökologisch verträgliche Zukunft verabschiedet: die Agenda 21. Das Programm unterstützt die nachhaltige Entwicklung. Mehrere Bezirke haben sich jetzt zum Ziel gesetzt, die Umsetzung auf lokaler Ebene zu realisieren. Neben Köpenick und Hellersdorf ist auch Lichtenberg daran interessiert, ein Leitbild für die sozial gerechte und ökologisch verträgliche Kommune zu entwickeln.

In Areitskreisen will die „Leitstelle lokale Agenda 21“ nicht nur Ziele für eine zukunftsfähige Entwicklung des Bezirks formulieren. In insgesamt sieben Gruppen sollen auch Lösungen gefunden werden. Zu den Problembereichen gehört ein Modellprojekt „Umwelterziehung“ genauso wie ein Konzept zur Abfallentsorgung. Am 5. Juni wollen die Bezirke ihre bisherige Arbeit und die ersten Ergebnisse auf der Kolloquiumsreihe vorstellen.

Die Kolloquiumsreihe geht noch bis zum 10. Juli. Die Gespräche finden jeweils mittwochs von 16 bis 18 Uhr im Raum FR 2078 in der Franklinstraße 28/29 statt. Nähere Informationen gibt es unter der Telefonnummer 314-73 33 5.

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