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Aufatmen bei Nichtrauchern

Das geplante Nichtraucherschutzgesetz soll nur ein Baustein einer Gesundheitskampagne sein. Zigarettenindustrie könnte Aufklärung mitfinanzieren  ■ Von Christine Berger

Pünktlich zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai hat der bündnisgrüne Gesundheitspolitiker Bernd Köppl einen Batzen Papier abgeliefert, der den Nichtrauchern schon bald ein erleichtertes Aufatmen bescheren könnte. Frischluft allerorten verspricht der Entwurf für ein Nichtraucherschutzgesetz zwar nicht, dennoch sieht das Lex fumare vor, daß künftig wenigstens in allen öffentlichen Gebäuden Nichtraucherzonen Pflicht sein sollen. Das gleiche gilt für Speisegaststätten mit mehr als 50 Sitzplätzen. Versäumen es die Verantwortlichen, die verlangten Freiräume zu schaffen, soll ihnen ein Bußgeld zwischen 500 und 5.000 Mark auf die Sprünge helfen. Raucher, die im Nichtraucherbereich für blauen Dunst sorgen, stehen gewissermaßen im Parkverbot und würden um 100 Mark erleichtert.

Neue Grabenkämpfe zwischen Rauchern und Nichtrauchern wollen die Grünen damit nicht heraufbeschwören. „Das Gesetz soll nicht provozieren, sondern einfach die Nichtraucher besser schützen“, meint Köppl. Er sieht den Gesetzentwurf als Baustein einer breitangelegten Gesundheitskampagne, die vor allem auf Aufklärung setzt: „Die Auseinandersetzung mit der Zigarettenwerbung und ihrer Wirkung auf Kinder ist wichtig.“ Gerne verweist er dabei auf Vorbilder im Ausland. „In Schweden muß die Zigarettenindustrie den gleichen finanziellen Anteil, den sie in die Werbung steckt, auch in einen Fonds für gesundheitliche Aufklärung einzahlen.“ Möglich hält Köppl dies auch in Deutschland, vorausgesetzt, die Gesetzeslage ändere sich entsprechend.

Geld für eine umfassende gesundheitliche Aufklärung wäre mit einem solchen Fonds vorhanden, was momentan nicht der Fall ist. Im Rahmen der Sparmaßnahmen haben die Krankenkassen ihre Präventivmittel für Projektwochen an Schulen zusammengestrichen. Mehr als die Versorgung der Kids mit Postern und Prospekten zum Thema Rauchen ist kaum noch möglich.

Auch die Schulen haben kein Geld für umfassendere Aufklärungsarbeit. Wolfgang Schwarz, Leiter der Landesstelle für Suchtgefahren e. V. mußte erst neulich aus Geldmangel eine Projektwoche an einer Schule abblasen. „Warum gibt es nicht Aufklärungsfilme, ähnlich wie zum Thema Aids?“ fragt sich Schwarz. Schließlich sterben jährlich rund 90.000 Deutsche an den Folgen des Zigarettenkonsums.

Wie wichtig gerade die Aufklärung von Kindern und Jugendlichen ist, zeigt die Statistik. Gerade die 14- bis 25jährigen rauchen laut Angaben des Robert-Koch-Instituts mehr als noch vor vier Jahren. Das Einstiegsalter ist gesunken. Griffen früher die 15jährigen zum ersten Mal zur Fluppe, rauchen jetzt oftmals schon 13jährige zum ersten Mal.

Sollte man das Rauchen also ganz verbieten? New Yorker Verhältnisse wünscht sich Köppl jedenfalls nicht. Dort darf per Gesetz fast nirgendwo mehr geraucht werden; hohe Geldbußen drohen jedem, der sich nicht daran hält. Mittlerweile hat die rigide Politik eine Protestkultur geschaffen, die das Rauchen gewissermaßen glorifiziert. Filme, wie „Smoke“ sind das beste Beispiel dafür.

„Wenn nur über Gesetze argumentiert wird, droht die Gefahr, daß es bald als revolutionär gilt, zu rauchen“, sieht auch Köppl ein. Im Gegensatz zum ersten Gesetzentwurf, der vor knapp zwei Jahren für Aufsehen sorgte, ist deshalb die aktuelle Fassung erheblich milder ausgefallen. Damals hatte Köppl ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Räumen sowie die Einrichtung von Raucherecken gefordert. Eltern von Kindern mit gesundheitlichen Schäden durch Passivrauchen sollte das Rauchen verboten werden.

In der Berliner SPD wird das Thema Nichtrauchen auf erheblich kleinerem Feuer gekocht. Der gesundheitspolitische Sprecher Peter Meyer ringt mit den Rauchern aus den eigenen Reihen: „Ich habe eine Initiative gestartet, daß in den Büros der SPD nicht mehr geraucht werden darf.“

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