Der Weg zum Öko-Audit

■ Umweltmanagement ist auch im Naturkostbereich nötig. BNN will Öko-Audit bis 1998. Zwischenbericht eines Projektes über ökologische Unternehmenspolitik

„Eigentlich trage ich ja Eulen nach Athen, wenn ich dem Naturkosthandel das Öko-Audit vorstelle“, meinte Jürgen Freimann von der Universität Kassel in einem Vortrag vor Naturkosthändlern. Mit dem Ziel, einen ökologischen Handel aufzubauen, sind vor rund 20 Jahren die ersten Naturkostgeschäfte entstanden. Doch heute muß sich auch der klassische Bio-Markt mit ökologischer Unternehmenspolitik beschäftigen. In diesem Frühjahr legte der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) den Zwischenbericht eines Projektes zum Umweltmanagement vor.

Zehn Naturkostgeschäfte in der ganzen Bundesrepublik nahmen an der Bestandsaufnahme von Timur Göral, dem Umweltreferenten des Verbandes, teil. Je eine Woche lang untersuchte der Ingenieur akribisch, in welchen Bereichen die Unternehmen von Berlin bis Augsburg ihr ökologisches Engagement noch verbessern können – vom Büromaterial über Verpackungen bis hin zum Strom-, Wärme- oder Wasserverbrauch. Und obwohl die Geschäfte selbst auf umweltfreundliches unternehmerisches Handeln achten, kann nach Auffassung des Umweltreferenten noch einiges an Energie eingespart werden – und damit auch Kosten.

In seinem Bericht analysiert Göral, daß wesentliche Umweltentlastungpotentiale bei der Reduzierung von Transportverpackungen, Förderung von Mehrwegsystemen sowie bei der Energieeinsparung liegen. Positives berichtete Timur Göral zum Einsatz von Reinigungsmitteln und beim Bürobedarf: Hier sind die Naturkostgeschäfte bereits ganz vorn und verwendeten nur ökologische Mittel. Vorbildlich beim Einsatz von Verkehrsmitteln ist beispielsweise der Super-BioMarkt in Münster, denn dort wird für kurze Fahrten ein Elektro-Auto benutzt. Die Solaranlage in Georgs Laden (Melle) deckt rund 22 Prozent des jährlichen Energiebedarfs. Naturkost Am Stadtwald (Essen) hat eine Rücklaufquote für Mehrweggläser von 70 Prozent, während sie im Durchschnitt nur bei 5 bis 20 Prozent liegt.

Aus diesen Ergebnissen soll ein Leitfaden zum umweltorientierten Management vor allem für Naturkostfachgeschäfte entstehen. Die Tips zu Sparmaßnahmen, neuen Techniken, ökologisch sinnvollen Investitionen, aber auch zu Finanzierungs- und Förderungsmöglichkeiten werden zum Teil als Handbuch mit Checklisten erarbeitet.

Neben dem ökologischen und ökonomischen Nutzen des Umweltmanagements waren dem BNN-Einzelhandel auch Aspekte des Marketings wichtig. Es geht nicht nur darum, die Leistungen des Handels zu verbessern, sondern auch darum, sie einer größeren Öffentlichkeit bekanntzumachen. Denn die Konkurrenz auf dem Markt umweltfreundlicher Produkte steigt. Jede einschlägige Verbraucherstudie weist darauf hin, daß Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend dort kaufen, wo der ökologische Nutzen sichtbar wird.

Deshalb bedient sich die Branche auch eines Instrumentes, daß die Europäische Union eigentlich mit Blick auf große Industriebetriebe entwickelt hat, die „freiwillig“ mit ökologischen Entwicklungen im Unternehmen werben wollen: dem Öko-Audit. Für kleinere Betriebe, so der Kasseler Professor Freimann, sei das komplizierte Verfahren aber problematisch. Hier sei weniger eine innovative Unternehmenspolitik als die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen Ziel einer Zertifizierung mittels Öko-Audit. Zwar sind die Betriebe häufig mit der Umsetzung des Umweltmanagements allein schon personell überfordert. Doch der Vorteil liegt auf der Hand: Die öffentliche Umwelterklärung macht die tatsächlichen ökologischen Leistungen des Unternehmens sichtbar. Außerdem liefert das Verfahren die notwendigen Fakten, die den umweltpolitischen Vorsprung einer ökologischen Sortiments- und Unternehmensgestaltung möglich machen.

Noch vergibt die Europäische Union das Label mit den zwölf Sternen nur für die abgeschlossene Umweltprüfung in der Industrie, doch rechnet der BNN damit, daß ab 1998 auch der Handel diese Auszeichnung erwerben kann. „Und dann haben wir die Voraussetzung für den Naturkosthandel geschaffen, ganz vorn dabei zu sein“, so Timur Göral.

Derzeit befindet sich der Ingenieur auf einer zweiten Runde durch die zehn Geschäfte, die an dem Modellprojekt teilnehmen. Hier werden die Ergebnisse der Bestandsaufnahme besprochen. Gemeinsam mit den Inhabern der Läden entwickelt er die Umsetzung der ökologischen Verbesserungen in die Praxis. Zum Schluß des achtzehnmonatigen Projektes erfolgt eine Erfolgskontrolle, bei der überprüft wird, ob die Verbesserungsmaßnahmen tatsächlich gegriffen haben. Göral: „Wir wollen das Umweltmanagement mit unserem Projekt alltagstauglich machen. Auch der Facheinzelhandel soll seine Möglichkeiten ausschöpfen können.“ Marita Odia

Die Autorin ist Sprecherin des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren, Tel.: 02233/67623.