piwik no script img

Roldán packt aus

■ Exchef von Spaniens Guardia civil erscheint mit Akten vorm Richter

Madrid (taz) – Schonungslos alles aufzudecken, damit hat der Exchef der spanischen Polizeitruppe Guardia civil, Luis Roldán, gedroht, als er vor mehr als einem Jahr in Laos verhaftet wurde. Jetzt, wo er wegen Korruption vor Gericht steht, erinnerte er sich wieder an seine alte Ankündigung und meldete sich bei Ermittlungsrichter Baltasar Garzón. Dort sagt er in Sachen schmutziger Krieg der GAL gegen die baskischen ETA- Separatisten aus – zum letzten Mal am Donnerstag.

Roldán brachte gleich einen ganzen Packen interner Polizeidokumente mit. Sie sollen belegen, daß Beamte aus der Guardia- civil-Kaserne in Intxaurrondo nahe der baskischen Stadt San Sebastián in die GAL- Attentate verwickelt waren, die in den achtziger Jahren in Südfrankreich 29 Menschen das Leben kosteten. Er selbst habe im Mai und Juni 1993 insgesamt 25.000 Mark aus den Geheimfonds des Innenministeriums abgezweigt und sie dem Rechtsanwalt des Ministeriums Jorge Argote überreicht. Dieser habe damit das Schweigen verschiedener ehemaliger GAL-Mitglieder in Intxaurrondo erkauft.

Roldáns Anschuldigungen gehen weit über das hinaus, was bisher bekannt war. So behauptet er, daß auch nach Auflösung der GAL 1986 der schmutzige Krieg weiterging. Die Guardia bediente sich einer neuen Methode, der Briefbombe. 1989 kostete ein solcher Sprengsatz im baskischen Renteria einen Briefträger das Leben. Laut Roldán wußte der damalige Innenminister José Luis Corcuera davon. Corcuera ist nach seinem Vorgänger José Barrionuevo der zweite Innenminister von Exregierungschef Felipe González, gegen den Garzón ermittelt.

Roldáns Aussagen ziehen weite Kreise. So ermittelt Richter Garzón nun gegen drei Exgeneräle der Guardia civil: José Antonio Saenz de Santamaria, ehemaliger Direktor der Guardia und Mitglied der Führung der Nationalpolizei, Enrique Rodriguez Galindo, ehemaliger Chef der Kaserne in Intxaurrondo und heute als Anti-Terrorismus-Spezialist im Beraterstab des Innenministeriums, sowie Andres Casinello, Exgeneralstabschef der Guardia civil. Jetzt wartet alles gespannt auf Roldáns nächsten Auftritt vor Richter Eduardo Moner vom Obersten Gerichtshof. Er ermittelt in Sachen GAL gegen die ehemaligen sozialistischen Minister José Barrionuevo für Inneres und Narcis Serra für Verteidigung. Die Akte ihres Chefs Felipe González hat Moner geschlossen. Was aber, wenn Roldan neue Erkenntnisse beisteuert? Rainer Wandler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen