■ Mit dem USA-China-Handel auf du und du
: Dosierte Strafe

Alle Jahre wieder entbrennt der verbale Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China. Während die Konflikte in der Vergangenheit gütlich beilgelegt wurden, steht jetzt die Eskalation ins Haus.

27 chinesische Staatsfirmen fertigen Raubkopien von amerikanischen Spielfilmen, Computerprogrammen und Musik- CDs. Im Februar 1995 hatten die Amerikaner bereits für einige Stunden Strafzölle verhängt. China versprach, gegen die Raubkopierer vorzugehen. Tatsächlich baute man einige Firmen ab – nur um sie woanders wiederaufzubauen. Auf 2 Milliarden jährlich beziffert das US-Handelsministerium die Verluste. Am Mittwoch nun drohten die USA mit Strafzöllen auf chinesische Güter wie Seide, Schmuck und Telefone für den Fall, daß China bis zum 17. Juni nichts gegen die Piraterie unternimmt. Peking reagierte prompt mit einer Gegendrohung: Strafzölle auf US-Autos, CDs, Alkohol und Tabak.

Amerika und China sind wirtschaftlich sehr wichtig füreinander: Hier der reichste Markt der Welt, dort der mit dem schnellsten Wachstum. Aus Hoffnung auf neue Jobs verkündete US-Präsident Bill Clinton daher bereits 1994, die politischen Konflike mit China um Menschenrechte von den wirtschaftlichen trennen zu wollen. Bereits dreimal konnten China und die USA in diesem Jahrzehnt einen Handelsstreit beilegen: im Januar 1992 über die Verletzung von amerikanischen Patenten an Arzneimitteln, Elektronik und Computern, im Januar 1994 über illegale chinesische Textilexporte durch Drittländer und im Februar eben über die Produktpiraterie bei Software und Musik, die auch jetzt im Zentrum des Konflikts steht.

Doch ob es auch diesmal im letzten Moment zu einer Einigung kommt, ist fraglich. Der Frust im US-Handelsministerium darüber, daß China seine Zusage vom vergangenen Jahr nicht einhält, sitzt tief. Mit Zöllen bis zu 150 Prozent schotte China immer noch seinen Markt gegen amerikanische Waren ab, trotz anderslautender Vereinbarungen. Faktisch erhebt China etwa auf Tabak und Alkohol bereits die Zölle, die es jetzt im Handelsstreit androht. So wuchs der Exportüberschuß von chinesischen Waren in die USA trotz aller Vereinbarungen ständig an – von 22,7 Milliarden Dollar (1993) auf 33,9 Milliarden (1995). Währenddessen stieg der US-Export ins Reich der Mitte lediglich von bescheidenen 8,8 auf 11,7 Milliarden Dollar. Trotzdem kündigte Clinton die Verlängerung der Meistbegünstigungsklausel an: Diese fördert chinesische Importe in die USA durch Zollvorteile. Die US-Regierung droht China mit wohldosierten Sanktionen, hält aber den großen Hammer einstweilen zurück. Matthias Urbach