Streit um bronzenen Kanzler

In Wilmersdorf soll Bismarck-Statue aufgestellt werden. Das Denkmal, mit 350.000 Mark aus Lottomitteln finanziert, ist zum Streitfall geworden  ■ Von Tobias Rapp

In Wilmersdorf gibt es Streit um einen verwaisten Denkmalsockel. Der steht auf dem Bismarckplatz und soll nach dem Willen des dortigen Heimatvereins wieder mit der historischen Statue des „eisernen Kanzlers“ verziert werden. Das Original war 1943 verschwunden. Nun gibt es zwei Nachbildungen – aber nur eine kann aufgestellt werden. Außerdem würde so mancher Wilmersdorfer einen weiterhin leeren Sockel bevorzugen. Ein Streit also um Geld und um Geschichte.

Es begann vor zehn Jahren: Damals wurde der Exbauunternehmer und Bildhauer Karsten Klingbeil vom Heimatverein Wilmersdorf beauftragt, eine Replik der alten Statue herzustellen. Anhand alter Photos und Vermessungen des Sockels stellte Klingbeil ein Modell her, das für 15.000 Mark in Gips gegossen wurde. Zu einem Bronzeguß kam es nicht mehr. Nach einem politischen Streit um die Statue wurde das Projekt schließlich fallengelassen.

Anfang Juni soll nun eine Nachbildung des alten Denkmals aufgestellt werden, hergestellt jedoch nicht von Klingbeil, sondern von Harald Haake, und auch nicht für 100.000 Mark, die Klingbeils Nachbildung gekostet hätte, sondern 350.000 Mark teuer. Eine Bronze des Anstoßes. Das Geld hatte der Heimatverein Wilmersdorf von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie erhalten. Weit überteuert, meint Künstler Klingbeil. Dafür aber originalgetreu, kontert der Heimatverein. Was Klingbeil bestreitet: Der zum Denkmal gehörende Hund sei zu groß, der Bismarck zu klein.

Jürgen Karwelat (Bündnis 90 /Grüne), möchte gar keine Statue haben. „In Wilmersdorf bismarckt es ohnehin zu sehr“, da die ganze Familie Bismarck schon Straßennamen ziere. Für einen „Antidemokraten“ soviel Geld auszugeben und Antifaschisten die Gedenktafeln zu verweigern, weil sie zu teuer seien, obwohl sie nur einen Bruchteil kosten würden, hält Karwelat für vollkommen falsch. Außerdem sei niemand informiert worden.

Baustadtrat Alexander Straßmeir (CDU) versteht die ganze Aufregung nicht. Den Bezirk koste die Aufstellung keinen Pfennig, es handle sich um kein geschütztes Baudenkmal, also habe er auch niemanden informieren müssen. Außerdem solle man mit der Bezeichnung Antidemokrat doch vorsichtig sein: Er habe zwar die Sozialistengesetze verabschiedet, „dadurch sind die Sozialdemokraten jedoch erst groß geworden“.

Enthüllt werden soll die Statue am 2. Juni durch den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). SPD und Grüne werden demonstrativ fernbleiben, und Klingbeil will seine Statue dem Heimatverein „mit Rechnung über die Lagerkosten“ zuschicken.